Ein Feierabendbier oder ein Gläschen Wein zum Essen – bereits geringe Mengen Alkohol sind ein gesundheitliches Risiko. Wenn aus Ausnahmen Regelmäßigkeit wird, entsteht Sucht. Aber wie spreche ich an, wenn der Alkoholkonsum eines engen Freundes oder einer Freundin überhandnimmt?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DEG) hat in diesem Jahr ihre Einschätzung zum Alkoholkonsum geändert. Demnach stellen bereits geringe Alkoholmengen ein gesundheitliches Risiko dar. Angesichts dieser Empfehlung sollte der Alkoholgenuss in Deutschland eigentlich sinken – dem ist aber nicht so.
- "Alkohol in gesundheitlich riskanter Form" (Mengen, die das Risiko für körperliche, psychische oder soziale Schäden erhöhen) konsumieren in Deutschland laut dem Jahrbuch Sucht 2024 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) 7,9 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren.
- Ein "problematischer Alkoholkonsum" (körperliche oder psychische Beeinträchtigungen, soziale oder berufliche Probleme, Kontrollverlust über die Menge des konsumierten Alkohols) liegt laut Bundesgesundheitsministerium (Zahlen von 2021) sogar bei etwa 9 Millionen Personen dieser Altersgruppe vor.
Wie viel Alkohol ist okay?
In Deutschland wird eine gesundheitsschädliche Trinkkultur gelebt. Deutschlandfunk-Nova-Reporter Simon Barth hat nachgefragt, wie es einige Berliner*innen mit dem Trinken halten. Ergebnis: Alkohol war den Befragten zwar nicht besonders wichtig. Dennoch wollen einige auch nicht ganz darauf verzichten.
Auffällig bei der (nicht repräsentativen) Befragung unseres Reporters ist, dass Selbst- und Fremdwahrnehmung ziemlich weit auseinandergehen.
"Ich würde sagen, ich trinke vielleicht so ein, vielleicht zweimal die Woche was. Aber jetzt nicht immer."
Aber wie viel Alkohol ist denn überhaupt okay? Die Suchttherapeutin Stefanie Bötsch sagt: "Vielleicht könnten wir denken, dass ein Bierchen am Abend okay ist. Ich will dazu sagen, dass die Zahlen der WHO nur benennen, was der Körper gerade so aushält."
Viel wichtiger sei es, was der Alkohol mit einem macht und wie er ins Leben eingebettet ist. Die Therapeutin erklärt, dass sie sich den Alkohol im Gesamtkontext eines Lebens anschaut – "und da sollte es nur ein kleiner Faktor sein und nicht etwa alle Lebensbereiche begleiten oder vielleicht sogar dominieren", sagt sie.
"Alkohol sollte im Gesamtkontext des Lebens nur ein kleiner Faktor sein und nicht etwa alle Lebensbereiche begleiten oder vielleicht sogar dominieren."
Alkoholkonsum ist in vielen Lebensbereichen akzeptiert: "Ein Gläschen Wein zur Pasta ist doch vollkommen in Ordnung." Solche Gedanken werden vermutlich einige beim Abendessen haben. Auch gegen ein "Feierabendbierchen mit Freunden" haben viele nichts einzuwenden.
Freundeskreis: Problem für Leute, die nüchtern bleiben wollen
Für Personen, die gar nichts trinken oder Probleme haben, ihr Konsumverhalten zu steuern, kann das zum Problem werden, erklärt Stefanie Bötsch. "In manchen Freundeskreisen gehört Alkohol ja fast zu allen Treffen dazu." Der Alkoholkonsum kann sich in gewissen Freundeskonstellationen auch gegenseitig hochschaukeln, so die Suchttherapeutin. Für jemanden, der eigentlich nüchtern bleiben will, könne es dann durchaus schwer sein, sich bei bestimmten Freunden aufzuhalten.
"Manchmal bekomme ich das Gefühl, dass 'Freundeskreise' nur entstehen, um genau diesem Konsum einfach nachzugehen. Und das hat mich dann irgendwann bisschen gestört."
Die Suchttherapeutin empfiehlt: Wenn ihr das Gefühl habt, dass es eine Person, die euch nahesteht, mit dem Alkoholkonsum übertreibt, dann sprecht das an. Ihr solltet aber vertraulich mit der Person reden und sie nicht vor versammelter Menge bloßstellen. Stefanie Bötsch rät außerdem dazu, der nahestehenden Person konkrete Beispiele zu nennen, an denen ihr festmacht, dass sie Probleme haben könnte.