Rona kann weder ihre eigenen Gefühle noch die Gefühle anderer erkennen und einordnen. Sie hat Alexithymie - zu Deutsch: Gefühlsblindheit. Wie sie damit umgeht und trotzdem mit ihrem Freund eine gute Beziehung führt, erzählt sie in Eine Stunde Liebe.
Die Antwort auf die Frage, "Wie geht es dir?", dürfte für die meisten Menschen nicht die größte Herausforderung darstellen – entweder, wir antworten mit einer Floskel und wechseln dann das Thema, oder wir antworten ernsthaft darauf und geben einen kurzen Stimmungsbericht ab.
Alexithymie: Blind für Gefühle
Es gibt aber auch Menschen, die diese Frage absolut überfordern kann – Menschen, die Alexithymie haben. Das lässt sich mit "Gefühlsblindheit" übersetzen und beschreibt ein Persönlichkeitsmerkmal, bei dem es Menschen schwerfällt, ihre eigenen Gefühle und die von anderen Leuten zu erkennen und einzuordnen.
Rona hat vor Kurzem die Diagnose Alexithymie im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung bekommen. Für sie sind selbst Fragen wie "Wie geht es dir?", kompliziert zu beantworten.
"Da brauch' ich dann Zeit, um erst mal darüber nachzudenken, was mich gerade so beschäftigt und wie es mir insgesamt geht."
Schätzungsweise 10 Prozent der Bevölkerung haben Alexithymie – in unterschiedlichen Abstufungen. Bisher ist das Thema aber noch nicht genug erforscht, um sagen zu können, welche Ursachen Gefühlsblindheit hat – etwa, ob biologische Faktoren eine Rolle spielen, das Phänomen rein psychisch ist oder welchen Einfluss die Sozialisation hat.
Statt Gefühlen: Leere und Chaos im Kopf
Wenn anderen Menschen vor Vorfreude der Bauch kribbelt, oder sie Kopfschmerzen vor Wut haben, sind das für Rona erst mal nur körperliche Dinge, die sie erst nach längerem Nachdenken in Bezug zu Gefühlen setzen kann. Sie hat nur sehr wenige enge Beziehungen zu Menschen. Und selbst bei denen fällt es Rona auch nach Jahren noch schwer, deren Gefühlslage einzuschätzen.
Wenn es um Gefühle geht, herrscht bei ihr erst mal eine Mischung aus Leere und Chaos im Kopf. Was ihr bei der Bewältigung hilft, ist alles aufzuschreiben und so ihre Gedanken und Gefühle im Nachhinein besser zu erkennen und einzuordnen.
"Dabei erkenne ich dann auch Verbindungen, die mir vorher gar nicht klar waren, weil sich, wenn ich nur darüber nachdenke, in meinem Kopf alles sehr durcheinander anfühlt."
Das mit dem Aufschreiben könnte übrigens auch eine Möglichkeit für Menschen sein, die das gegenteilige Problem haben und von ihren Gefühlen manchmal einfach nur komplett überrollt werden – Aufschreiben schafft Ordnung und Struktur.
Wie Rona trotz Gefühlsblindheit eine Beziehung führt und welche Techniken sich Rona und ihr Freund geschaffen haben, eine gute Beziehung zu führen, erzählt sie in Eine Stunde Liebe.