Viele Universitäten in Deutschland bekommen Geld und Personal aus China. Das gefährde ihre Unabhängigkeit und befördere akademische Selbstzensur, sagt der Sinologe und Aktivist David Missal. Er hat bei einigen Unis nachgefragt.
Bei rund 100 Universitäten in Deutschland hat David Missal nachgefragt, ob und inwiefern sie aus China unterstützt werden. Ihn interessierte dabei der Zeitraum seit dem Jahr 2000. Rund 80 Universitäten haben im dazu keine Auskunft gegeben. Andere haben Zahlen genannt. Etwa die Universität Göttingen. Sie erhält David Missals Zwischenergebnis zufolge jährlich chinesische Mittel in Höhe von mindestens 341.000 Euro (Stand 04.02.2021).
Deutsche Unis dürften finanzielle und geldwerte Unterstützung, wie beispielsweise kostenlose Lehrkräfte, nicht bedenkenlos annehmen, findet der Aktivist. Die Annahme solcher Angebote sorge für schwerwiegende Interessenskonflikte.
"Da geht es um Chinesischlehrer oder Sinologen an deutschen Unis, die China erforschen und gleichzeitig Geld aus China bekommen."
David Missal vertritt die These: Wenn chinesische Unternehmen und Organisationen deutsche Unis finanziell unterstützten, könnten Forschende zu Selbstzensur beim Thema China neigen. Die Frage der Selbstzensur in diesem Bereich ist durch diese jüngere Befragung gut belegt.
Transparenz nur auf dem Papier
Er weist darauf hin, dass die Universitäten in Deutschland Transparenz explizit als Ziel bei der Kooperation mit chinesischen Einrichtungen ausgegeben haben. Im September 2020 erst hat die Hochschulrektorenkonferenz Leitfragen zur Hochschulkooperation mit der Volksrepublik China formuliert. Auf 19 Seiten kommt das Wort transparent 14 Mal vor.
"Die Unis haben sich selbst auferlegt, transparent zu sein in der Kooperation mit China. Leider ist das aber nicht die Realität, sondern steht nur auf dem Papier."
Institutionell sind es vor allem die Konfuzius-Institute, die chinesisch-deutsche akademische Kooperationen an Universitäten organisieren. Häufig stellen sie kostenlos Chinesischlehrende, die dann im regulären Studienprogramm der Universitäten unterrichten. David Missal sagt: "Es gibt an verschiedensten Unis Konfuzius-Institute. Inzwischen sind es 16. Es waren mal mehr. Einige Unis haben die Kooperation schon gekündigt."
Tech-Forschung für Huawei
Ein spezielles Problem stellen für David Missal Kooperationen deutscher Universitäten mit dem chinesischen Tech-Konzern Huawei dar. Ob die Forschung nun zivilen oder militärischen und machtstaatlichen Zielen diene, sei häufig nicht trennscharf zu unterscheiden, sagt er.
Die RWTH Aachen und die Technische Universität München beispielsweise kooperieren mit Huawei. David Missal weist darauf hin, dass Huawei im Verdacht steht, bei der Überwachung und Unterdrückung der Minderheit der Uiguren zu helfen.
"Es sind um die 20 Universitäten, bei denen es Kooperationen gibt, und darunter auch Themen wie Gesichtserkennung oder autonomes Fahren. Dinge, die halt auch in Xinjiang genutzt werden könnten, um Menschen zu unterdrücken."
David Missal hat in Deutschland, Hongkong und China studiert. 2018 wurde er aus China ausgewiesen, vermutlich, weil er ein Uniprojekt über chinesische Menschenrechtsanwälte durchgeführt hat. Seit 2020 recherchiert er zu China-Kooperationen deutscher Universitäten.
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