Annegret Kramp-Karrenbauer verzichtet auf die Kanzlerkandidatur und will als CDU-Vorsitzende zurücktreten. Wir haben mit zwei CDU-Mitgliedern gesprochen. Die eine findet, Spahn soll es machen. Der andere unterstützt Merz.
Eva Keldenich ist Geschäftsführerin der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ihr gehören alle Mitglieder an, die zum Zeitpunkt der Wahl jünger als 35 Jahre alt waren. Als sie die Nachricht von der Entscheidung Annegret Kramp-Karrenbauers hörte, habe sie an den Tag denken müssen, als Angela Merkel angekündigt hat, vom Parteivorsitz zurückzutreten. "Ein Tag, an dem man erst mal durchgeatmet hat. Und das Gefühl: Alles ist wieder offen."
Am Morgen des 10. Februar 2020 sei es ihr jetzt genauso gegangen. Den Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbauer kann Eva Keldenich nachvollziehen. Der Druck auf sie sei schon länger da gewesen und immer größer geworden. Trotzdem habe sie nicht damit gerechnet, "dass es so schnell geht".
"Ich war überrascht und habe nicht gedacht, dass es so schnell geht."
Im Dezember 2019 hatte Keldenich im Interview bei Deutschlandfunk Nova gesagt, die SPD sei "nur mit sich selbst beschäftigt". Nun drohe der CDU eine ähnliche Gefahr, gibt sie zu. Ihre Partei sei sich dessen aber bewusst. Den Rückzug der Parteivorsitzenden sieht sie als Chance, den "Neuaufstellungsprozess straffer und schneller zu organisieren als in der SPD", schreibt sie bei Twitter.
"Chance für den Neuaufstellungsprozess"
Der Ball liege jetzt bei der Union selbst. Trotz der Querelen stehe die CDU für sie noch immer "da, wo sie immer stand", sagt Keldenich. Es sei nach wie vor "die größte Volkspartei, die für das ganze Land steht: jung und alt, Stadt und Land, Ost und West, Nord und Süd". Die CDU sei eine "Partei Europas", Frankreich warte schon lange auf Antworten und Mitführung aus Deutschland. Als "größte Partei des größten Landes Europas" könne sich die Union hier keine Führungsvakanz erlauben. Ihr Favorit für diesen Posten ist Jens Spahn.
Diego Faßnacht ist CDU-Kreistagsabgeordneter im Rheinisch-Bergischen Kreis und Bundesvorstandsmitglied der konservativen Werte-Union. Für ihn war der Rücktritt von Annegret Kramp-Karrenbauer überfällig. Bereits nach ihrer Wahl zur Vorsitzenden 2018 hatte er sich als "einfach nur maßlos enttäuscht" gezeigt und sich um die Werte seiner Partei betrogen gefühlt. Dass Kramp-Karrenbauer jetzt ihren Rücktritt angekündigt hat, versetzt ihn "trotzdem nicht in einen Freudentaumel".
"Die Lage, in der die CDU sich befindet, ist keine Lage, in der man sich besonders freut."
Für ihre jüngste Entscheidung zollt Diego Faßnacht Kramp-Karrenbauer Respekt. Mit ihrem Rückzug verbindet er den Wunsch nach einem inhaltlichen und personellen Wandel, mit dem die CDU "zu alter Stärke zurückfinden" könne.
"Zurück zu alter Stärke"
Unter Angela Merkel sei die CDU zu weit nach links gerückt, sagt Diego Faßnacht. Die CDU sollte eine "Politik für die bürgerliche Mitte" machen, sagt er. Er nennt zwei Hauptthemen, mit denen ein politischer Wandel seiner Meinung nach gelingen könne: Erstens: Die Mittelschicht müsse von Steuern und Abgaben entlastet werden. Und zweitens: Beim Thema Migration solle die CDU den Kurs des österreichischen Kanzlers Kurz übernehmen.
"Bürgerliche Mitte" ist für Faßnacht der Begriff, den die Union geprägt habe. Helmut Kohl habe davon als Orientierung für die CDU gesprochen: das "komplette bürgerliche Lager erreichen", ohne sich "links anzubiedern". Kanzler Kohl habe das erfolgreich gemacht - und genau diese Politik wünscht sich Diego Faßnacht. Sein Favorit zur Umsetzung dieses Wegs war und ist Friedrich Merz.
"Ich glaube, dass Friedrich Merz ein hervorragender Vorsitzender sein könnte."
Die Mitglieder der Werteunion, die von "Gemeinsamkeiten mit der AfD" sprächen, würden sich von den Beschlüssen der CDU entfernen, hat Annegret Kramp-Karrenbauer gesagt. Jeder, der sich dort engagiere, müsse sich überlegen, ob er damit Mitglied der CDU bleiben könne. Diese Wahrnehmung der Werte-Union verstehe er nicht, sagt ihr Bundesvorstandsmitglied Diego Faßnacht. Die Gruppe sei zwar konservativ, aber sie "fordere nur das, was die CDU traditionell immer vertreten habe - und nichts anderes". Vor allem fordere sie keine Koalition mit der AfD.
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