Warum sind wir eigentlich meistens mit Gleichaltrigen befreundet? Dazu hat Soziologin Julia Hahmann geforscht. Elena macht es ganz anders: Sie hat schon vor Jahren ihren Vater, der knapp fünfzig Jahre älter ist, zum besten Freund erklärt.
Elenas bester Freund heißt Mathieu. Sie ist in ihren Zwanzigern, er in seinen Siebzigern. Und das ist nicht die einzige Besonderheit ihrer Freundschaft. Sie ist seine Tochter und er ihr Vater.
Dass ihre Vater-Tochter-Beziehung nicht alltäglich ist, wurde Elena schon in der Grundschule klar. Und anfangs war ihr das auch ein bisschen peinlich, weil ihr Vater eben nicht so war wie die anderen.
Freiwilligkeit, Vertrauen und kein Machtgefälle machen Freundschaft aus
Später kamen ihre Freund*innen oft zu Besuch, aber nicht unbedingt, um Elena zu sehen, sondern um, wie Elena sagt, "tiefenpsychologische Gespräche" mit ihrem Vater zu führen. Aber auch Elena sagt, dass sie bis heute alles mit ihrem Vater bespricht.
"Er hat nie mit mir so geredet, wie normalerweise mit Kleinkindern gesprochen wird. Es war immer eine Beziehung auf Augenhöhe. Und er hat mir immer das Gefühl gegeben, dass ich ehrlich zu ihm sein kann."
Beide bestätigen, dass sie immer wieder voneinander lernen. So hat Mathieu auf Elenas Anregen hin aufgehört, Fleisch zu essen und Alkohol zu trinken. Elena sagt, dass das Wertvollste, das ihr Vater ihr vorgelebt hat, die Offenheit gegenüber Menschen ist. Was ihre Vater-Tochter-Beziehung noch ausmacht und welche Schwierigkeit sie für Elena doch hin und wieder bringt, erzählen die beiden in dieser Folge der Ab 21.
Beziehungen aufwerten, indem wir ihre Freiwilligkeit betonen
Wenn Familienmitglieder – ob Eltern und Kinder, Großeltern oder auch Geschwister – sich als Freund*innen bezeichnen, ist das oft als Aufwertung gemeint, erklärt Julia Hahmann. Die Soziologin an der Uni Vechta hat zu Freundschaft geforscht.
"Wenn ein Familienmitglied wie eine Freundin oder ein Freund für mich ist, wird sie oder er für mich zu einer Person, die ich freiwillig gewählt habe und die mir nicht schicksalhaft zugeteilt wurde."
In der Regel, erklärt Julia Hahmann, sind in unserer Gesellschaft Freund*innen etwa gleich alt. Das liege daran, dass es wenige Räume und Gruppen gebe, in denen unterschiedliche Generationen aufeinandertreffen.
Außerdem beeinflusse das Zustandekommen oder Bestehen einer Freundschaft, ob die Lebensphasen, in denen sich Freund*innen befinden, vergleichbar sind, also ob man in einer Beziehung ist, Kinder hat, vielleicht in ähnlichen Berufen arbeitet.
"Wenn mein Schwerpunkt Feiern ist, dann werde ich wahrscheinlich weniger Zeit mit Leuten verbringen, die sich um ihre kleinen Kinder kümmern."
Natürlich sei es trotz unterschiedlicher Lebensphasen möglich, befreundet zu bleiben. Dafür rät die Soziologin, verstärkt das zu machen, was sowieso die Basis jeder Freundschaft sein sollte: Interesse am Leben der anderen Person zeigen und sich auf die Perspektive des Freundes oder der Freundin einlassen – erst recht, wenn sie aktuell nicht der eigenen entspricht.
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- Elena und ihr Vater Mathieu sind beste Freunde
- Julia Hahmann, Soziologin, hat zu Freundschaft geforscht