Stabile Sicherheitslage in Afghanistan? Dazu gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Der Einfluss der Taliban indessen wächst, zeigen Berichte um Kämpfe im Nordosten des Landes.
Die Bundesregierung stuft die Sicherheitslage in Afghanistan in vielen Gebieten als ungefährlich ein. Zuletzt sind am 15. August 46 Afghanen aus Deutschland abgeschoben worden. Gleichzeitig gibt es Berichte über neue Kämpfe von Regierungstruppen und Taliban. Im Nordosten des Landes sollen die Islamisten einen Armeestützpunkt gestürmt und 40 Sicherheitskräfte getötet haben. ARD-Korrespondentin Silke Diettrich ordnet die Lage ein.
Eine Schlacht mit allen Mitteln
Bei weiteren Angriff der Taliban auf die Stadt Ghazni gehe es um die Vorherrschaft in diesem Gebiet. Ein zentrales Ziel der Taliban sei, so Silke Diettrich, erstmals eine Provinzhauptstadt unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Provinzhauptstadt Ghazni liegt strategisch wichtig zwischen Kabul und Kandahar und gehört zum Kontrollgebiet der Bundeswehr.
"Man muss sagen: In Afghanistan wird nicht nur physisch gekämpft. Das ist auch eine Propagandaschlacht von allen Seiten."
Die aktuelle Lage zu den Kampfhandlungen sei jedoch unübersichtlich, sagt Silke Dittrich: "Es gibt unterschiedliche Meldungen". Zum einen sprechen die Regierungstruppen davon, dass die Aufständischen verdrängt worden seien. Der US-Pentagon-Chef hingegen sagt, die Gefechte würden weitergehen, berichtet die Korrespondentin. Die schwierige Nachrichtenlage ergebe sich auch durch Propagandabestrebungen und gezieltes Kappen von Strom- und Telefonleitungen.
Eine konkrete Gefährdung der deutschen Bundeswehrtruppen liege zurzeit jedoch nicht vor, erklärt Silke Diettrich. Die Camps der Bundeswehr seien extrem geschützt, ihr Nato-Auftrag konzentriere sich zudem auf das Training afghanischer Sicherheitskräfte.
Gebiete unter der Kontrolle der Taliban
"Beobachter aus den USA gehen davon aus, dass die Taliban 15 Prozent des Landes unter Kontrolle haben", so die Korrespondentin. In 30 Prozent der Gebiete finden Kämpfe statt. Knapp über 50 Prozent werden von der afghanischen Regierung kontrolliert. Gleichzeitig gebe es weiter hohe Opferzahlen: "Die Zahl der getöteten Zivilisten in diesem Jahr ist auf einem absoluten Rekordhoch gestiegen, sagen die Vereinten Nationen." Genauso gilt Kabul als gefährlichste Stadt des Landes mit immer wieder neuen Anschlägen.
"Die aktuelle Karte von Afghanistan sieht wie ein Flickenteppich aus. Die Taliban haben die Kontrolle in ganz verschiedenen Landesteilen."
Ein steigender Einfluss der Taliban lasse sich aber nicht nur territorial erkennen, so die Korrespondentin für Afghanistan. Sie würden auch vermehrt als Verhandlungspartner wahrgenommen. So hat es in der vorigen Woche ein Treffen einer Delegation der Taliban mit Vertretern des usbekischen Außenministeriums gegeben. Vor zwei Wochen hatte es bereits ein Treffen mit US-Vertretern gegeben.
"Die Taliban werden mehr als Player angesehen. Zum einen von den Nachbarländern, zum anderen von denen, die in Afghanistan was zu sagen haben."
Für Silke Diettrich eine beunruhigende Entwicklung. Denn Gespräche der afghanischen Regierung mit den Taliban gebe es nicht. "Sie empfinden die Regierung, wie sie selbst einmal gesagt haben als 'lahmendes Pferd, das sowieso bald sterben wird'".
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