Obwohl erst im November 2016 ein Anschlag auf das deutsche Konsulat in Masar-e-Scharif stattgefunden hat, gilt Afghanistan in Teilen als sicheres Herkunftsland. Deshalb sollen die ersten Geflüchteten aus Afghanistan noch vor Weihnachten dorthin abgeschoben werden.
In diese angeblich sicheren Gebiete ist der Journalist Nikolaus Steiner gefahren, sein Urteil ist vernichtend.Der Journalist Nikolaus Steiner berichtet in der ARD-Sendung Monitor über die aktuelle Lage. Schon die Vorbereitungen zu seiner Recherchereise zeigen deutlich, Afghanistan ist alles andere als sicher: monatelange Vorbereitungen eines Sicherheitskonzeptes, Inlandsreisen nur per Flugzeug, Sicherheitsausrüstung wie schusssichere Westen, GPS-Tracker, Satellitentelefon.
Der sichere Norden Afghanistans
Der Journalist musste ein Netz von Vertrauensleute aufbauen, die ihm Sicherheitstipps vor Ort geben konnten. Dabei wollte Nikolaus nicht in eine Krisenregion in Afghanistan fahren, sondern in den angeblich sicheren Norden. "Wir waren genau in der Region, die als die sicherste in Afghanistans gilt: in Balch", erzählt Nikolaus. Die Gegend liegt in der Nähe von Masar-e-Scharif, wo ungefähr 980 Bundeswehrsoldaten schon seit mehr als zehn Jahren stationiert sind. "Alle haben uns abgeraten: Nein, ihr könnt nicht aus der Stadt herausfahren, hier ist es zu unsicher."
"Wir waren mit bewaffneten Milizen unterwegs, das sind Söldner, die von der afghanischen Regierung bezahlt werden. Sie haben uns beschützt als wir vor Ort in den Distrikten unterwegs waren."
Die Taliban würden vor allem nachts immer wieder Dörfer angreifen, schikanierten die Zivilbevölkerung auf dem Land, erpressten Steuern oder forderten, dass die Scharia umgesetzt wird. Sie kämen immer näher an die Stadt Masar-e-Scharif heran: "Die Taliban sind in Kundus wie in anderen Regionen auch immer weiter auf dem Vormarsch."
"Es gibt eine ganze Fülle von Problemen: grassierende Armut, kein fließendes Wasser auf dem Land, kein Strom, Lehmhütten. Die Taliban pressen den Leuten das Letzte ab.."
Die Lage sei katastrophal, aber nicht nur wegen der Taliban, sondern auch wegen krimineller Banden und den Milizen, die relativ hart gegen die Bevölkerung vorgingen. "Die Leute, die aus diesen Regionen fliehen, sind die Menschen, die das Geld für die Flucht haben. Wer ein wenig Geld hat, flieht in die Stadt Masar, wer viel Geld hat, flieht nach Deutschland."
"Wenn man sich die angeblich sicheren Gebiete anguckt, dann sind die auf keinen Fall sicher. Daher würde ich eher von einer Doppelmoral in der Politik sprechen."