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Der Live-Talk von Elon Musk mit AfD-Chefin Alice Weidel auf X sorgt für Kontroversen. In dieser Folge klären wir die Hintergründe von Musks Engagement für die AfD, seine möglichen Interessen und warum sein Einfluss in Deutschland problematisch sein könnte.

Beim Neujahrsempfang der Berliner AfD wurde das Gespräch zwischen dem Milliardär Elon Musk und der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel gezeigt. Nadine Lindner, unsere Korrespondentin im Hauptstadtstudio, war dabei und hat das Ganze beobachtet.

"Ich hatte schon das Gefühl, allerspätestens nach einer Stunde ist die Aufmerksamkeit und auch die Anwesenheit sehr gebröckelt. Und zum Schluss waren eher wenige Leute da."
Nadine Lindner, Deutschlandradio-Korrespondentin

Das Gespräch war 75 Minuten lang und auf Englisch, dadurch war konzentriertes Zuhören angesagt, sagt die Korrespondentin, die seit mehreren Jahren über die AfD berichtet.

Gegen Ende des langen Gesprächs waren deutlich weniger Personen im Saal anwesend und unsere Korrespondentin will einigen Gesichtern angesehen haben, dass sie insgeheim froh gewesen seien, dass das Gespräch vorbei war.

"Das finde ich schon erstaunlich, dass sie das ohne Not macht und dann auch noch mal in einem RTL-Interview wiederholt hat."
Nadine Lindner, Deutschlandradio-Korrespondentin im Hauptstadtstudio

Einer der zentralsten Momente des Gesprächs war für unsere Korrespondentin die Positionierung von der AfD-Vorsitzenden zu Adolf Hitler, weil Alice Weidel diese ganz bewusst gesetzt habe und später in einem RTL-Interview noch einmal wiederholt habe.

Als inhaltlich wild bezeichnet Nadine Lindner das Gespräch, bei dem sehr viele unterschiedliche Themen angeschnitten wurden. Und diese Einschätzung gilt auch sicherlich den historischen Unwahrheiten, die Alice Weidel verbreitet hat. Über Hitler sagte die AfD-Politikerin im Gespräch mit Musk: "He was a communist and he considered himself as a socialist."

"Ich habe das Gefühl, sie tut sich keinen Gefallen damit. Aber ich glaube, sie will damit zeigen, dass sie anschlussfähig ist an eine internationale Rechte."
Nadine Lindner, Deutschlandradio-Korrespondentin

Die Argumentation, die Alice Weidel dabei sinngemäß wählte: Hitler sei ein Kommunist gewesen, weil er Unternehmen verstaatlicht habe. Das stimme auf der Ebene der Fakten nur zum Teil, denn die Verstaatlichung von Rüstungsbetrieben habe für Hitler keinen kommunistischen Hintergrund gehabt, sondern einen kriegswirtschaftlichen, stellt unsere Korrespondentin diese Aussage richtig.

"Ich habe das Gefühl, sie tut sich damit keinen Gefallen. Aber ich glaube, sie will doch damit zeigen, dass sie anschlussfähig ist. Eine internationale Rechte."
Nadine Lindner, Korrespondentin im Hauptstadtstudio

Diese falsche Darstellung historischer Tatsachen verkenne zudem völlig, dass Kommunisten, Sozialisten, Sozialdemokraten zu den ersten Opfern der Nationalsozialisten gehört haben. Außerdem habe Alice Weidel mit ihrer Aussage den Rassenwahn der Nationalsozialisten und auch den Holocaust völlig ausgeklammert, sagt Nadine Lindner.

Hinter diesem Narrativ zu Hitler, das Alice Weidel bewusst einsetze, vermutet Nadine Lindner den Wunsch Weidels sich von Hitler abzugrenzen, um für internationale, rechtsextreme Kreise anschlussfähig zu bleiben.

Welchen Nutzen die AfD von diesem Gespräch hat

Dieses Gesprächs wurde von Elon Musk mit der Absicht geführt, dass Alice Weidel sich auf einer internationalen Bühne, das heißt auf Musks Plattform X als politische Kraft vorstellen kann und ihre Sicht auf die Politik in Deutschland darlegen kann.

Wie sehr Weidel das gelungen sei, stellt unsere Korrespondentin infrage. Zu Beginn des Gesprächs habe sie, statt sich selbst, ihre Partei und politische Ausrichtung darzustellen, eher auf die Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ampel-Regierung geschimpft.

Dennoch hatte Alice Weidel die Chance, sich den Followern Musks zu präsentieren und damit potenziell zu einem Millionenpublikum zu sprechen.

Insgesamt sei es für die AfD ein guter Abend beim Parteitag gewesen, auch wenn es inhaltlich etwas wild gewesen sei, sagt unsere Korrespondentin. Denn letztendlich sei es nach ihrer Einschätzung für die AfD um etwas anderes gegangen, als inhaltlich zu punkten.

In erster Linie habe sich die Partei eine Normalisierung erhofft, sagt Nadine Lindner. Diese Einschätzung macht sie daran fest, dass jetzt gerade im Zusammenhang mit der AfD in der Öffentlichkeit hauptsächlich über Elon Musk gesprochen werde. Und auch die Tatsache, dass sie durch das Gespräch mit Musk Medienaufmerksamkeit bekomme, nütze der Partei.

Andere Themen seien dadurch in den Hintergrund gerückt. Es werde nun weniger über die rechtsextremen Tendenzen der Partei, die radikale Kandidaten, die Tatsache, dass fast nur Männer auf den Landeslisten für die Bundestagswahl sind oder der Forderung nach einem AfD-Parteiverbot gesprochen, sagt unsere Korrespondentin Nadine Lindner.

Die Motivation Musks die AfD im Wahlkampf zu unterstützen

Die Politikwissenschaftlerin Jeanette Hofmann sieht die Aufmerksamkeit der Medien, die Elon Musk erhält, kritisch. Man dürfe nicht vergessen, dass der Unternehmer sich weit außerhalb seines Kompetenzrahmens befinde, keine politische Erfahrung habe und auch nur sehr wenig Detailwissen besitze, was die europäische Politik anbelangt, betont die Politikwissenschaftlerin. Ganz ignorieren könne man Musk aufgrund seiner wirtschaftlichen und infrastrukturellen Macht aber nicht, sagt sie.

"And I want to be very clear about that: Only AfD can save Germany. End of story."
Milliardär Elon Musk im Gespräch mit der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel.

Der Eindruck der Politikwissenschaftlerin ist, dass Musk bei seiner politischen Einmischung nicht wirklich einen Plan habe. Sein Plan bestehe darin, zum Mars zu fliegen, sagt sie. An dieser Stelle sei der Unternehmer glaubwürdig.

Offenkundig, dass Musk das Parteiprogramm der AfD nicht kennt

Jeanette Hofmann hält den Milliardär politisch für einigermaßen planlos, da es offenkundig sei, dass er das Parteiprogramm der AfD nicht kenne. Denn ansonsten würde er wissen, dass die AfD sich deutlich gegen Elektromobilität ausspreche und dass es auch darüber hinaus eine Reihe von Punkten gebe, wo es keine Übereinstimmung gibt.

"Politisch habe ich den Eindruck, agiert er ziemlich planlos und zum Teil auch zum Schaden seiner eigenen wirtschaftlichen Pläne."
Jeanette Hofman, Politikwissenschaftlerin

Die Erfahrung zeige, dass er ziemlich impulsiv seine Meinung kundtue und politische Sympathien, die er zum Ausdruck bringe, auch jederzeit wieder fallen lassen könne, sagt Jeanette Hofmann.

Seine politische Einmischung sei möglicherweise ein Ausdruck seines starken Hungers nach Selbstwirksamkeit, nimmt Jeanette Hofmann an. Darüber hinaus scheine Musks politisches Programm disruptiv im Hinblick auf staatliche Regulierung zu sein. Deswegen unterstütze er in Europa Kräfte, von denen er annehme, dass sie seinen Wunsch teilen. Das heißt, dass sie den staatlichen Apparat zurückbauen wollen, um mehr unternehmerische Freiheit zu erlangen.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
AfD im Wahlkampf
Musk, der Einmischer
vom 10. Januar 2025
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartnerin: 
Nadine Lindner, Deutschlandradio-Korrespondentin im Hauptstadtstudio
Gesprächspartnerin: 
Jeanette Hofmann, Politikwissenschaftlerin und Gründungsdirektorin des Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft