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Wir haben alle Angst. Die Gründe sind vielfältig. Wir fürchten uns vor Spinnen, der Klimakatastrophe, davor, dass unseren Lieben etwas passiert, dass wir krank werden, verlassen werden, vor Krieg, Dürren, Überschwemmungen oder Tod. Angst ist ein ganz normales Gefühl, dass uns aber auch krank machen kann.

Main Huong kennt aus ihrem Alltag als Psychologin Menschen, die berichten, dass sie jeden Tag von morgens bis abends Angst haben. Das sei sehr anstrengend, sagt sie: "Weil bei jeder Sorge, bei jedem ängstlichen Gedanken ein Mini-Stress durch den Körper fährt. Das heißt, diese Patienten haben auch Nackenschmerzen, Kopfschmerzen, weil alles angespannt ist." Sorgen können also auch körperliche Beschwerden beeinflussen.

"Wenn Patienten zu mir kommen, erzählen sie oft, dass sie sich von dem Augenblick an, wo sie aufwachen bis zu dem Augenblick, wo sie ins Bett gehen, den ganzen Tag Sorgen gemacht haben. Und das ist ja wahnsinnig anstrengend."
Main Huong Nguyen

Immer wieder sprechen wir hier in Achtsam über die Macht unserer Gedanken und wie wir lernen können, unsere Gedanken selbst zu steuern. Denn unsere Gedanken können uns krank machen, stressen, uns Angst machen und Panikattacken bescheren.

Angst sichert auch unser Überleben

Eigentlich ist Angst aber erstmal hilfreich. Das ist die evolutionäre Funktion von Angst, sie sichert uns das Überleben. Außerdem signalisiert sie uns eine bevorstehende Gefahr. Und Sorgen sind ebenfalls ein Lösungsversuch: Unser Gehirn möchte zukünftige Gefahren antizipieren und entwickelt dabei bedrohliche Szenarien, auf die wir uns vorzubereiten versuchen.

Aber das kann eben auch nach hinten losgehen, wenn wir uns nämlich nur noch Sorgen machen und davon krank werden. Und hier kommt die Achtsamkeit ins Spiel. Wir können nämlich erstmal feststellen, dass wir Angst haben und wovor. Das Fühlen der Angst macht sie selbst bereits kleiner und das Hinsehen ist hilfreicher, als wenn wir versuchen, die Angst zu ignorieren oder zu unterdrücken.

"Die Angst nicht dazu zu gehören, ist eine ganz existenzielle menschliche Angst. Und deswegen sind eigentlich alle Entscheidungen von uns jeden Tag Angst getrieben, wenn wir nicht aufpassen, dass es nicht so ist!"
Diane Hielscher

Vieles, was wir tun, sei Angst getrieben. Unter anderem deswegen, weil die gesellschaftliche Anerkennung ein ganz wichtiger Motor für uns ist, sagt Diane: "Gerade wenn wir noch sehr sehr jung sind, wird immer die Angst geschürt: 'Wenn Du nicht diese Turnschuhe trägst, gehörst Du nicht dazu! Wenn Du nicht dieses Make Up trägst oder nicht im Fitness Studio pumpen gehst, gehörst Du nicht in die Gruppe.' Wir Menschen haben Angst davor, ausgestossen zu werden."

Um unsere Ängste besser in den Griff zu bekommen, können wir einiges tun:

  • Wir können unsere Ängste aufschreiben - welche Ängste habe ich?
  • Gucken, was steckt dahinter? Was ist mein Bedürfnis?
  • Uns fragen: Wie kann ich mir dieses Bedürfnis jeden Tag selbst erfüllen, was brauche ich, um dieses Bedürfnis zu erfüllen?

Und wie hilft Achtsamkeit jetzt dabei, mit unserer Angst umzugehen? Main Huong hat Studien dabei, die zeigen, dass Achtsamkeit gegen Angst hilft, Diane und Main Huong haben Übungen, Tricks und Buchtipps.

Ihr habt Anregungen, Ideen, Themenwünsche? Dann schreibt uns gern unter achtsam@deutschlandfunknova.de

Empfehlungen aus dem Beitrag:
  • Joanna Macy (2014): Hoffnung durch Handeln: Dem Chaos standhalten, ohne verrückt zu werden. Junfermann Verlag.
  • Rutger Bregman (2021): Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit. Rowohlt.
Shownotes
Ängste
Wie wir achtsam mit Sorgen umgehen
vom 29. Juni 2023
Moderatorinnen: 
Diane Hielscher und Main Huong Nguyen
  • Übung, um mit Ängsten umzugehen
Quellen aus der Folge:
  • Ganis, G., W. L. Thompson, and S. M. Kosslyn (2004): “Brain areas underlying visual mental imagery and visual perception: an fMRI study”. In: Cognitive Brain Research, 20, 226-241.
  • Parmentier, F. B. R., García-Toro, M., García-Campayo, J., Yañez, A. M., Andrés, P., & Gili, M. (2019): "Mindfulness and symptoms of depression and anxiety in the general population: The mediating roles of worry, rumination, reappraisal and suppression". In: Frontiers in Psychology, 10, Article 506.