In Nordirland gilt eines der härtesten Abtreibungsverbote Europas. Angestoßen von der nordirischen Menschenrechtskommission wird dieses Verbot jetzt vor dem obersten britischen Gericht verhandelt. Doch auch in Deutschland gibt es beim Thema Abtreibung noch viel zu tun, sagt die Frauenärztin Gabriele Halder.
Abzutreiben ist in Nordirland verboten. Frauen dürfen ihre Schwangerschaft dort auch dann nicht abbrechen, wenn sie vergewaltigt wurden oder schon vor der Geburt klar ist, dass ihr Kind nicht überleben wird. Eine Abtreibung ist nur dann erlaubt, wenn das Leben der Mutter auf dem Spiel steht.
Schon lange gibt es an diesem Verbot massive Kritik: Kritiker sagen, es sei nicht mit den internationalen Menschenrechten vereinbar.
Abtreibungs-Tourismus nach England
Hunderte Frauen aus Nordirland reisen wegen des Verbots jedes Jahr vor allem nach England, um dort einen Abbruch vornehmen zu lassen.
"Viele Frauen fahren mit der Fähre nach England. Dort ist eine Abtreibung bis zur 24. Schwangerschaftswoche möglich."
Pillen aus dem Netz
Seit es die Möglichkeit gibt, die Abtreibungspille im Netz zu bestellen, werde auch diese Option von nordirischen Frauen genutzt, sagt Gabriele Halder. Die Berliner Frauenärztin berät den Verein Terre des Femmes, der sich für Frauenrechte einsetzt. Sie berichtet uns auch von einzelnen Ärzten vor Ort, die den betroffenen Frauen immer noch helfen - auch wenn sie sich dadurch angreifbar und strafbar machen.
Unterstützung statt Bevormundung
Halder fordert ein Umdenken in der Abtreibungspraxis: Den ungewollt schwangeren Frauen müsse man in einer freundlich-zugewandten Art begegnen, sie unterstützen und ihnen Hilfe anbieten. Frauen sollten sich nicht gemaßregelt fühlen.
"Die äußeren Umstände sind massiv dafür verantwortlich, welche Spuren ein Schwangerschaftsabbruch im späteren Leben der Frau hinterlässt."
Abtreibung in Deutschland
Auch in Deutschland sei die Situation nicht gut genug geregelt, sagt die Frauenärztin. Letztlich gebe es hier noch immer eine Zwangsberatung, die Frauen durchlaufen müssen, bevor sie sich nach einer dreitägigen Wartezeit einem Schwangerschaftsabbruch zuwenden könnten.
"Die Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft ist eine, die nur von der Frau getroffen werden kann."
Halder kritisiert, dass sich Frauen in Deutschland strafbar machen, wenn sie diese Formalien nicht einhalten. Das seien Zustände, die "für eine entwickelte westliche Welt nicht hinnehmbar" sind.
In Kanada zum Beispiel gebe es gar kein Abtreibungsgesetz. Dort sei das Thema im Ärzterecht angesiedelt und ein Teil der Gesundheitsfürsorge. Es sei also nicht im Strafrecht verankert – und da gehöre es auch nicht hin, betont Halder.
"Wir haben immer noch die Situation, dass der Schwangerschaftsabbruch illegal ist. Die Regelung findet immer noch unter dem Strafrechts-Paragraphen 218/219 statt."
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