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Es war eine sehr deutliche Angelegenheit: Mit 432 zu 202 Stimmen hat das britische Unterhaus das von Theresa May mit der EU mühsam ausgehandelte Brexit-Abkommen abgelehnt. Ende März verlässt Großbritannien die EU. Kommt jetzt der harte Brexit?

Mays Niederlage wiegt schwer. Seit 1864 ist es das erste Mal, dass das britische Parlament ein Abkommen der Regierung platzen lässt. Auch viele Abgeordnete von Mays eigener Partei, den Konservativen, waren gegen den von ihr ausgehandelten Deal. 

Die Zeit wird knapp

Jetzt bleibt nur noch sehr wenig Zeit: Am 29. März verlässt Großbritannien die EU. Ein harter Brexit, also ein Austritt ohne Deal mit der EU, ist jetzt natürlich wahrscheinlicher geworden, sagt Anneke Schaefer aus der Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion. Obwohl ihn die meisten Briten eigentlich ablehnen.

"Keiner weiß, wie es weiter geht. Aber die meisten sagen: Den harten Brexit müssen wir vermeiden."
Anneke Schaefer, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion

Trotzdem hat das Parlament das ausgehandelte Abkommen mehr als deutlich abgeschmettert. Theresa May hat anschließend darauf reagiert: Die Botschaft sei angekommen.

"The house has spoken and the government will listen. […] But tonight’s vote tells us nothing about what it does support."
Theresa May, Premierministerin des Vereinigten Königreichs

Die Ablehnung des Deals sage allerdings nichts darüber aus, was die Abgeordneten stattdessen wollen. Es sei nicht klar, so die Regierungschefin, wie oder ob das Parlament die Entscheidung des Volkes unterstützt, die EU zu verlassen. Vor zweieinhalb Jahren hatte das Referendum ergeben: Der Brexit soll kommen. Und genau den will May auch umsetzen. Mit diesem Versprechen war sie damals Premierministerin geworden. 

May muss sich Misstrauensvotum stellen

Nach der Niederlage bei der Abstimmung fordern jetzt viele den Rücktritt Theresa Mays. Laut eines Regierungssprechers will sie das aber nicht tun. 

Schon heute Abend (16.01.2019) stimmt das Unterhaus über ein Misstrauensvotum gegen die Premierministerin ab, das die Opposition beantragt hat. Verrückterweise wird May dieses wahrscheinlich überstehen, sagen Beobachter. Den Deal mit der EU, den will das Parlament nicht. Trotzdem hat May scheinbar noch ausreichend Rückhalt bei den Abgeordneten, berichtet Friedbert Meurer aus London. Neuwahlen wollen die Konservativen nämlich auch nicht.

Friedbert Meurer, Deutschlandfunk-Nova-Korrespondent in London
"Kein konservativer Politiker hat bisher gesagt, dass er gegen May stimmen will. Die Tories wollen keine Neuwahlen, deshalb stellen sich hier auch die Brexit-Hardliner hinter ihre Premierministerin."

Und was passiert jetzt? Auch nach Mays Abstimmungsniederlage stehen mehrere Optionen im Raum - viele von ihnen scheinen aber keine wirklichen Optionen mehr zu sein.

Die möglichen Szenarien

  • Viele Abgeordnete wünschen sich, dass May noch einmal nach Brüssel geht und das Abkommen nachverhandelt – insbesondere den "Backstop", also die Regelung, um den Frieden auf der irischen Insel zu erhalten. Die EU hat Nachverhandlungen allerdings mehrfach abgelehnt. 
  • Außerdem gibt es die Option eines zweiten Referendums, in dem die Briten erneut gefragt würden, ob sie die EU verlassen möchten. Diese Option hat allerdings May bisher abgelehnt.
  • Um Zeit zu gewinnen, könnte die Regierung Großbritanniens erst mal beantragen, den Austrittstermin am 29. März zu verschieben. Das ist aber kompliziert, weil Ende Mai das EU-Parlament gewählt wird. Bei einen harten Brexit wären die Briten nicht mehr dabei. 
  • Vielleicht versucht May auch noch einen neuen Anlauf im Parlament, etwa indem sie Zugeständnisse macht, irgendwie vom Deal mit der EU abzuweichen: Am Montag will sie sich äußern, und bis dahin noch einmal mit Parlamentariern reden. Zuerst muss sie aber das Misstrauensvotum überstehen.  
  • May verliert das Misstrauensvotum oder tritt zurück: eine neue Regierung bildet sich oder es gibt Neuwahlen
  • Es kommt zum harten Brexit

Mehr zum Thema:

Shownotes
Theresa Mays Abkommen scheitert im Unterhaus
Brexit-Chaos: Wie es jetzt weitergeht
vom 16. Januar 2019
Moderation: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Anneke Schaefer, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion
Gesprächspartner: 
Friedbert Meurer, Deutschlandfunk-Nova-Korrespondent in London