Zwei Jahre haben Dana und Edi in einem Heim in Deutschland gelebt, bevor sie nach Albanien abgeschoben wurden. Dass die Abschiebung der minderjährigen Geschwister rechtskräftig war, zweifelt das für den Fall zuständige Gericht an.
10.800 Menschen wurden insgesamt im vergangenen Jahr aus Deutschland abgeschoben. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken. Danach sind die meisten Menschen nach Georgien oder Albanien zurückgeschickt worden. Unter ihnen auch die 16-jährige Dana und ihr 12-jähriger Bruder Edi, die in Deutschland ohne ihre Eltern gelebt haben.
Dass unbegleitete Kinder und Jugendliche abgeschoben werden, passiert selten, weil die rechtlichen Hürden hoch sind. Doch der Fall von Dana und Edi zeigt, wie plötzlich eine Abschiebung dann doch umgesetzt werden kann.
Abgeschoben von jetzt auf gleich
Vor fünf Monaten stand die Polizei vor der Tür der Jugendhilfeeinrichtung in Leonberg bei Stuttgart, wo die beiden minderjährigen Geschwister gelebt haben.
Für beide ist es nicht die erste Abschiebung: Bevor die Geschwister in dem Heim aufgenommen wurden, sind sie mit ihren Eltern schon mal aus Albanien nach Deutschland gekommen. Der heute zwölfjährige Edi war damals noch so jung, dass er kein Albanisch spricht.
Vor fünf Jahren wurde der Asylantrag der Familie abgelehnt, und sie wurden zum ersten Mal abgeschoben. Ein Jahr später kamen sie wieder nach Deutschland zurück – dieses Mal illegal. Die Eltern der beiden tauchten ab und ließen ihre zwei Kinder alleine.
Ein Neuanfang in Leonburg
Für die Geschwister wurde die Jugendhilfeeinrichtung zu ihrem neuen zu Hause. Dort fühlte sie sich wohl, erzählt Dana, hatten Struktur und haben neue Freunde gefunden. Dana hätte dieses Jahr ihren Hauptschulabschluss gemacht und wollte im Anschluss noch einen Realschulabschluss dranhängen, um später einmal als Erzieherin zu arbeiten.
"Ich hoffe, dass ich bald wieder zurück nach Deutschland kommen kann. Ich hab die Sprache gelernt, ich hab viele Menschen kennengelernt und ich hab mich echt wohl gefühlt."
In Albanien befürchtet sie, schon bald verheiratet zu werden. Das möchte sie aber nicht, auch wenn es dort Tradition sei, jung zu heiraten. Dana und Edi leben seit ihrer Abschiebung bei ihrem Großvater und einem Halbbruder. Beide Verwandten kennen sie kaum, erzählt die 16-Jährige. Zumal sich Edi kaum mit ihnen verständigen kann, weil er die Sprache nicht spricht.
Vielmehr seien die Kinder dort psychisch belastet und ihre Verwandten überfordert, so ein Gutachten des Internationalen Sozialdienstes. In der Schule waren Dana und Edi seit fünf Monaten nicht mehr.
Nicht zuletzt weil die beiden Geschwister auch von häuslicher Gewalt betroffen sein, sieht Rechtsanwalt Ruben Hoffmann die Abschiebung als rechtswidrig an. Vielmehr war unklar, was mit ihnen nach der Abschiebung in Albanien passiere, erklärt er. Das Gesetz sehe bei Minderjährigen hingegen eine kindgerechte Unterbringung vor.
"Das Gesetz sagt, wenn ich Minderjährige in ein Land schicke, muss sichergestellt sein, dass sie dort kindgerecht untergebracht werden: Sie haben ein Recht auf Bildung, ein Recht auf Erziehung."
Laut dem Innenministerium von Baden-Württemberg wurden "die gesetzlich vorgesehenen besonderen Vorkehrungen zum Schutz der Minderjährigen getroffen." Die Abschiebung sei möglich gewesen, weil Dana und ihr Bruder nur vorübergehend in Deutschland geduldet waren. Gibt es dafür von staatlicher Seite keine Gründe mehr, kann die zuständige Behörde jederzeit die Abschiebung beschließen.
Das Jugendamt hatte dagegen zwar Einspruch erhoben, aber der Anwalt, der damals für den Fall zuständig war, hatte die Frist verfehlt, um den Einspruch zu begründen.
Rechtskräftigkeit zweifelhaft
Und dann ging plötzlich alles ganz schnell. Mit einer Abschiebung hat das Heim in Leonberg nicht gerechnet, sagt Cordula Breining. Sie koordiniert die Betreuung der minderjährigen Geflüchteten. Oft scheitere eine Abschiebung daran, im Herkunftsland der Minderjährigen einen Sorgeberechtigten oder eine passende Jugendhilfeeinrichtung zu finden.
"Ich wusste zwar, dass ich einen Halbbruder habe, aber ich hab ihn noch nie gesehen. Und meinen Opa kenne ich nur, als ich noch ganz klein war."
Und auch im Fall von Dana und Edi zweifelt das zuständige Gericht daran, ob tatsächlich alle Vorkehrungen getroffen wurden, um die Geschwister in Albanien zu schützen. Danach sei es auch fraglich, ob das Jugendamt als Vormund ausreichend informiert und gehört worden war.
Deshalb sollen die Geschwister nach Deutschland zurückkommen, fordert eine Petition mit mehr als 8000 Unterschriften.