Zauberspruch-SammlungDie Geister, die ihr ruft
Harry Potter sollte über ein Aufbaustudium an der Uni Leipzig nachdenken. Dort wurde nämlich eine Schriftensammlung aus dem späten 17. Jahrhundert wiederentdeckt - voll mit Zaubersprüchen, Geisterbeschwörung und Höllenzwang.
Daniel Bellingradt, Juniorprofessor für Buchwissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen, hat die Manuskripte analysiert. Zeit online hat er gesagt, dass es sich dabei um Abschriften, Übersetzungen und Neuzusammenstellungen von Quellen handelt, die bis zu 1600 Jahre alt sind. Zu finden sind darin etwa:
- Ritualskripte, die erklären, wie man die Zukunft vorhersagen kann
- exakte Anleitungen zur Beschwörung von Engeln und Dämonen
- praktische Tipps für die bequemsten Sieben-Meilen-Stiefel
Gebündelte Gelehrtenmagie
Die 140 Manuskripte sind demnach eine der bedeutendsten Sammlungen gelehrtenmagischer Handschriften in Europa. Auf rund 10.000 Seiten ist der Zauber des Alten Orients, aus Ägypten, dem antiken Griechenland, der römischen Welt sowie jüdisch-christlichen und muslimischen Traditionen gebündelt.
"Die Manuskripte bieten Lösungsvorschläge zu allen menschlichen Angelegenheiten."
Als da wären:
- sein Geld vermehren
- den Partner an sich binden
- sich in die Lüfte erheben
- in Kriegssituationen unverwundbar sein
- einen eigenen Schutzengel kreieren
"Magische Rituale dauern teilweise Wochen und Monate und ziehen sich über mehrere Etappen."
Die längste Ritualsequenz, die Daniel Bellingradt und sein Kollege, der Religionswissenschaftler Bernd-Christian Otto von der Universität Erfurt gefunden haben, dauert 18 Monate.
Auf zur Waldlichtung!
Es geht darum, seinen Schutzengel zu sich zu rufen. Wenn ihr dieses Ritual nachstellen wollt, dann braucht ihr Zeit. Denn ihr müsst zu bestimmten Mondkonstellationen zu bestimmten Uhrzeiten an bestimmten Orten sein. An einer Waldlichtungen zum Beispiel. Dort solltet ihr dann euren "magischen Kreis" aufladen – und dann kann es losgehen...
"Die Schutzgeister werden kommandiert – man befiehlt ihnen etwas."
Die Texte waren nicht für das "dumme Volk" gedacht, das irgendwelche Zaubertricks ausprobieren wollte, sagt Bellingradt. Sie richteten sich vielmehr an die Eliten. Das sei nachweisbar:
- Es war sehr teuer, die Texte zu besitzen
- Die Texte sind in mehreren Sprachen verfasst
- Um sie annähernd zu verstehen, brauchte man Religionskenntnisse
Lust auf mehr Magie?
Wenn ihr schon mal üben wollt – bitteschön:
"Setze dich auf den Stuhl vor der Tür, durch die die Geister kommen werden, und bete. Sobald du nach der letzten Beschwörung ein Geräusch hörst, lege dich auf das Bett, während die drei Weibsbilder von englischer Schönheit in den Raum kommen, dich begrüßen und sanft lachen, während sie sich auf das Bett setzen. Sag kein Wort und sie werden Würfeln und Karten spielen."
Und wem das noch nicht genügt - wer jetzt selbst zum Zauberlehrling werden möchte - dem kann geholfen werden: Die Zauberspruch-Sammlung "Magical Manuscripts in Early Modern Europe" ist als Buch in englischer Sprache erschienen.