WohnenWenn wir noch gern bei unseren Eltern leben
Viel Harmonie, ein bisschen Hausarbeit und keine Miete: Silas studiert und wohnt bei seinen Eltern. Vergleichbare Lebenssituationen können – entwicklungspsychologisch gesehen – ungesund sein, sagt Psychologin Ines Rein.
Spätestens wenn die Eltern im Urlaub sind, ist Silas dran. "Irgendwann hat man kein T-Shirt mehr im Regal. Man muss irgendwann waschen", sagt der Sportstudent, der noch bei seinen Eltern wohnt. Damit ist Silas nicht allein.
Viele seiner Kommilitoninnen und Kommilitonen pendeln aus dem Umland nach Stuttgart. Er ist zwischen 30 und 45 Minuten unterwegs. Da ist die enge Verbindung mit dem heimischen Sportverein: dreimal Training in der Woche und ein Spiel am Wochenende. Und dann hat er auch noch die A-Jugend trainiert.
"Ja, das mit der Selbständigkeit. Man ist dann schon ein bisschen dazu verleitet, die Hilfe dann doch sehr gerne anzunehmen."
Da sind auch die Service-Annehmlichkeiten während der Prüfungsphase und das Geld, das Silas bei der Miete einspart. Er beteiligt sich an der Arbeit im Haus; Silas kocht, kauft ein und fährt mal zum Wertstoffhof.
Auszug in zwei Jahren
"Ich bin so selbstständig, wie ich es Moment sein muss", findet er. Silas will ausziehen, wenn seine Einkünfte besser sind. In zwei Jahren könnte es soweit sein. Das Zusammenleben mit seinen Eltern ist überwiegend harmonisch. Es wäre wohl auch in einer WG nicht besser, vermutet Silas.
"In 90 Prozent der Fälle komme ich gut mit ihnen zu recht. Klar zehn Prozent ... Man geht sich immer mal ein bisschen auf die Nerven."
Für die Entwicklung der Persönlichkeit ist das unselbständige Wohnen bei den eignen Eltern ungesund, ist Psychologin Ines Rein überzeugt. Kinder blieben dann eher auf den Werten, Vorstellungen und vielleicht auch an den Einstellungen der eigenen Eltern hängen.
"Entwicklungspsychologisch gesehen ist das nicht ganz so gesund. Wenn wir nicht beginnen, ganz selbstständig zu sein."
Die folgenden Fragen sollten sich erwachsene Kinder in dieser Situation dann stellen: Wer bin ich? Was unterscheidet mich von meinen Eltern? Was habe ich für Vorstellungen? Wie möchte ich leben? Geht das unter einem Dach?
Autonomie als Option
Wenn die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern gut ist, können auch Heimschläferinnen und Heimschläfer eine gewisse Autonomie entwickeln. Es bleibe aber komplizierter als mit einem Auszug. "Für den jungen Erwachsenen ist es vielleicht schwer, aus seiner Kindrolle auszusteigen", sagt Ines Rein.
Geld komme dabei eine besondere Rolle zu – speziell bei diesem Wohn-Thema. Ines Rein findet, dass Erwachsene, die bei ihren Eltern leben, grundsätzlich lernen müssen, dass Geld für das Wohnen zur Verfügung stehen muss. Auch wenn es nicht unbedingt eine Mietzahlung sein muss.
"Es geht darum, dass das Kind lernt, mit seinem Geld umzugehen."