BauenViele Immobilien stehen leer – trotz Wohnungsmangel
In den Großstädten ist Wohnungsmangel ein Dauerthema. Auf dem Land hingegen stehen viele Häuser leer. Das liegt auch daran, dass dort in den vergangenen Jahren so massiv neu gebaut wurde.
Die Bundesregierung möchte jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen bauen. Das soll dem Wohnungsmangel entgegenwirken. Dem gegenüber stehen schätzungsweise rund zwei Millionen Wohnungen, die frei sind und niemand nutzt.
Das Problem: Die freien Wohnungen stehen quasi am falschen Standort beziehungsweise leben zu wenige Menschen dort, wo die Wohnungen leer stehen. In Großstädten wie Berlin, München, Hamburg, Düsseldorf oder Frankfurt ist Leerstand weiterhin so gut wie nicht existent. In ländlichen Regionen aber schon. In der Eifel, dem Saarland, dem Sauerland oder dem Nordosten von Bayern hat es zuletzt die meisten freien Wohnungen gegeben, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Repoter Sebastian Moritz.
Städte: Knapper Wohnraum trotz Entzerrung
Dabei beobachten Expert*innen wie Ralph Henger vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln, dass mehr Menschen die Stadt verlassen und öfter in die Vororte ziehen. Das Homeoffice und eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr machen es mögliche.
Zudem sind fast eine Million Menschen aus der Ukraine wegen des Krieges nach Deutschland gekommen. "Sie kommen nicht nur in den Großstädten unter, sondern auch in ländlichen Regionen – da, wo bisher viele Wohnungen leer standen", so Sebastian Moritz. Das Ungleichgewicht zwischen Wohnungsmangel in den Städten und Leerstand auf dem Land gibt es aber weiterhin.
Fokus liegt stark auf Neubauten
Einen Grund für dieses Ungleichgewicht erklären manche Expert*innen mit dem sogenannten Donut-Effekt. Der veranschaulicht, wie sich der Wohnungsmarkt in den vergangenen Jahren in den ländlichen Regionen entwickelt hat.
Bis zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine im Februar 2022 haben die Menschen auf dem Land vergleichsweise viel neu gebaut. Niedrige Zinsen und staatliche Förderprogramme haben das Bauen attraktiv gemacht. Am äußeren Rand der Dörfer sind also neue moderne Häuser entstanden, während die alten – vermutlich sanierungsbedürftigen – Häuser im Ortskern leer stehen.
"Diese hohe Bautätigkeit im Ländlichen führt dazu, dass dort auch mehr Wohnungen leer fallen."
Expert*innen sehen hier zwei Ansätze, um das Ungleichgewicht aufzulösen:
- Modernisieren statt neu bauen: Städte und Gemeinden könnten zum Beispiel Förderprogramme anbieten, die auf das Sanieren von bereits vorhandenen Wohnungen und Häusern ausgerichtet sind. Bisher zielen viele staatliche Förderpakete darauf ab, dass neue Häuser gebaut werden. Beim Baukindergeld haben Familien zum Beispiel 12.000 Euro pro Kind erhalten, wenn sie neu gebaut haben.
- Infrastruktur auf dem Land verbessern: öffentlichen Nahverkehr ausbauen, Anbindung an die Stadt verbessern, schnelles Internet, Ärzte und Schulen.
Hinweis: Amtliche Zahlen zum Leerstand werden über den Zensus erhoben. Die Volksbefragung findet alle zehn Jahre statt, zuletzt 2022. Weil die Daten aus dem vergangenen Jahr noch ausgewertet werden, bezieht sich die Größe der zwei Millionen freien Wohnungen auf den Zensus 2011. Expert*innen wie Ralph Henger vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln halten die Größe allerdings weiterhin für angemessen.