Wohnboote in LondonHausboot auf der Themse statt Appartement in der Stadt
Es ist ein Stück Freiheit, so ein Hausboot mitten in der Großstadt. Aber es ist für viele auch die einzige Alternative, weil sie sich eine zentral gelegene Wohnung nicht mehr leisten können. Unsere Korrespondentin Anne Demmer hat Hausbootbesitzer in London besucht.
4089 Boote schippern über Londons Gewässer. Ob die nun alle ständig bewohnt sind oder nicht, wissen wir nicht. Aber es werden immer mehr. Und unsere Korrespondentin Anne Demmer hat ganz unterschiedliche Leute getroffen – Singles, Paare – auch mit kleinen Kindern - für die das Hausboot eine echte Alternative zu den überteuerten Wohnungen in Großbritanniens Hauptstadt geworden ist.
"Insgesamt sind es 4089 Boote, die über Londoner Gewässer schippern. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 waren es nur um die 2000 Boote. Das heißt, es hat sich verdoppelt."
Einer, der auf dem Hausboot lebt, ist Leo. Er ist 29 Jahre alt und hat sich zusammen mit einem Freund für 16.000 Euro ein eigenes Hausboot gekauft. Schon davor haben die beiden Freunde auf engstem Raum in einem Appartement zusammengelebt – quasi als Test. Nun hat Leo immerhin ein winziges, eigenes Zimmer, ein Bad, eine kleine Küche – und es gibt zwei Toiletten.
"Es gibt zwei Komposttoiletten: Eine für Urin und eine für den Rest. Da streut man dann Sägespäne drüber."
Dass es immer mehr Boote auf Londons Kanälen gibt, macht sich auch an den Anlegeplätzen bemerkbar, sagt Leo. Heute muss man sogar in der zweiten Reihe parken. Früher wäre das nicht vorgekommen, sagt er.
Das Hausboot steht alle zwei Wochen woanders
Leo hat keinen festen Liegeplatz, berichtet unsere Korrespondentin, denn dafür müsste er etwa 1000 Pfund monatlich bezahlen. Feste Anlegeplätze können bis zu 20.000 Pfund im Jahr kosten – der Preis hängt auch vom Standort ab.
Darum muss Leo alle zwei Wochen seinen Liegeplatz verändern. Für diese Art Lizenz bezahlt er 1000 Pfund im Jahr. Mit der Regelung will die Stadt verhindern, dass einzelne Boote besonders schöne Plätze ständig blockieren, berichtet Anne Demmer. "Man muss dann auch mal in ländlicheren Gebiete außerhalb der City anlegen."
"Das ist das große Problem, dass sich junge Leute mit einem Durchschnittseinkommen eigentlich keine Wohnung in einem Bezirk ihrer Wahl leisten können."
Gentrifizierung schafft Probleme
David ist noch so einer, der auf einem Hausboot wohnt. Er hat einen Uniabschluss, arbeitet als Grundschullehrer. Doch die Miete in einer netten Gegend sei für ihn unbezahlbar, sagt er. Ursprünglich wollte er eine Wohnung in Londons Osten, in Bethnal Green, kaufen. Doch auch dort bekomme man keine Einzimmerwohnung mehr unter 300.000 Pfund. "Wir werden aus dem Zentrum vertrieben."
Immobilien als Spekulationsobjekt
"Seit Margaret Thatcher haben die Regierungen kaum in Sozialwohnungen investiert", so unsere Korrespondentin. "Im Gegenteil, sie wurden zum Teil sogar verkauft."
London war schon immer das Epizentrum für Wohnungsspekulation, meint der Stadtplaner Paul Watt. Und das sei einer der Hauptgründe für die steigenden Mieten und die Wohnraumverknappung. Es gebe neue Wohnblocks, in denen kein Mensch wohne - sie dienten einfach nur als Spekulationsobjekt.
"London war immer das Epizentrum für Wohnungsspekulation. Es gibt ausländische Investoren – aus Asien, Russland, Griechenland, Frankreich oder sonst wo – die im Zentrum von London Appartements kaufen, um ihr Geld zu parken."
Im Winter wird es ungemütlich
Wer auf dem Wasser lebt, der tut das also nicht immer freiwillig, sondern einfach aus der Not heraus. Nicht immer ist das Hausboot-Leben angenehm. Manchmal ist es einfach hart. Im Winter ist es wirklich kalt, erzählt David. Und auch die Toilette sei ein Problem: Er muss sie mindestens alle 2 Wochen ausleeren und das Wasser auffüllen: "Ich muss eigentlich immer darauf achten, dass für alles gesorgt ist", sagt er. Seine Klamotten wäscht er bei einem Freund, der eine Waschmaschine hat.
"Auch mit einem Hausboot kommt einiges an Kosten zusammen: Selbst wenn man einen alten Kahn kauft, muss man den sanieren, muss der jedes Jahr gewartet werden. Da geht auch immer mal wieder was kaputt. Das ist schon auch viel Arbeit."
Hausboot-Romantik? Ja, die gibt es. Aber auch so ein Boot muss man sich leisten können, sagt Anne Demmer. Es will gewartet und gepflegt werden. Und es ist viel Arbeit, sein Leben auf dem Boot zu organisieren.
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