Wissenschaftler erforschen AmateurpornosWie wir es treiben
Sven Lewandowski ist Soziologe. Für sein Forschungsprojekt an der Uni Bielefeld fragt er aber nicht, was wir so treiben, sondern eher, wie wir es treiben. Also: Wie und warum haben wir Sex?
"Die Praxen der Amateurpornographie" heißt das Forschungsprojekt offiziell, das Sven Lewandowski leitet. Es steckt noch ganz am Anfang: Im Moment wird ein Team zusammengestellt, das die Studie durchführen soll. Drei Jahre lang wollen die Wissenschaftler dann Amateurpornos auswerten und vor allem drei Fragen beantworten, wie der Soziologe erklärt:
- Was machen die Leute im Bett wirklich?
- Wie werden diese Videos produziert?
- Welches Medienhandeln steckt dahinter, das heißt, warum stellt man diese Videos beispielsweise ins Netz?
"Wir wissen wenig über die Black-Box-Sexualität - also wir wissen nicht, was die Leute wirklich im Bett machen."
Das Dilemma der Sexualwissenschaft, an Daten zu kommen, beschreibt der Soziologe so: "Wir können uns ja schlecht ins Schlafzimmer setzen." Teilnehmende Beobachtung scheide also aus. Geführte Interviews sind auch keine sehr gute Quelle, denn körperliche Praxis könne man nicht einfach so erfragen. Die Videos sind für ihn also ein vielversprechendes Medium.
Anschauliche Praxis
Sven Lewandowski beschäftigt sich schon seit Jahren wissenschaftlich mit Sexualität und Pornografie. Und er sagt: "Es gibt noch viele Forschungslücken." Denn zwar wüssten wir über Umfragen oder frühere Studien möglicherweise, welche Stellungen oder Praktiken beliebt oder unbeliebt sind. Wir wüssten aber dennoch nicht, wie das im Detail bei den Paaren aussehe, meint Sven Lewandowski. Genau da könnten die privaten Aufnahmen nun helfen.
"Amateurpornographie ist eine Krücke für uns, private Sexualität beobachten zu können."
Hoffnung auf Authentizität
Sven Lewandowski geht davon aus, dass die sexuellen Handlungen in den Videos mehr oder weniger auch die üblichen sexuellen Handlungen der Personen widerspiegeln. Er nennt es "Sexuellen Habitus" und meint damit "sexuelle Gewohnheiten, die sich quasi in Körper einschreiben." Das sei ein bisschen so, wie mit der eigenen Handschrift: Die könne man auch nur schwer verstellen. Auch bei den Amateurporno-Darstellern würden daher die eigenen Gewohnheiten beim Sex sichtbar sein.
"Die Leute werden, auch wenn sie versuchen etwas nachspielen, letzten Endes ihr übliches körperliches Interaktionsverhalten reproduzieren."
Um wirkliche Amateur-Videos von Fake-Amateur-Videos zu unterscheiden, wollen die Wissenschaftler mit den Amateurporno-Darstellern und Video-Machern Interviews führen. Denn eine gewisse Authentizität versprechen sie sich nur von echten Amateur-Filmen. Über Chats und Foren sollen die Leute gefunden werden.