Wissen unpluggedNeue Liebes-Mythen braucht das Land!

"Liebe auf den ersten Blick" oder: "Du musst nur den Richtigen finden“ – solche Klischee-Erzählungen rund um die Liebe finden sich seit jeher in der Popkultur. Was sagt eigentlich die Wissenschaft dazu? Und: Sollten wir Liebe mal neu denken?

Wer im Tierreich das aufregendste Liebesleben hat? Neurowissenschaftlerin Sanja Mikulovic ist überzeugt: die Präriewühlmaus. Anders als die überwiegende Mehrzahl der Säugetiere sind Präriewühlmäuse nämlich monogam. Und: "Wenn sie einmal die Liebe ihres Lebens finden, dann verbringen sie bis zum Ende ihres Lebens Zeit zusammen."

Auch wenn sich die Erkenntnisse von Präriewühlmäusen nicht eins zu eins übertragen lassen, so können ihre Verhaltensweisen Aufschluss auf den Menschen geben. Gibt es bei Präriewühlmäusen Liebe auf den ersten Blick? "Man kann nicht sagen auf den ersten Blick, weil sie im Durchschnitt ein paar Tage brauchen", sagt Sanja Mikulovic. "Es könnte aber sein, dass sie sich schon sehr früh entscheiden."

Liebes-Mythen (de-)konstruieren

In der dritten Auflage von Wissen unplugged diskutieren drei Expertinnen und Experten Mythen über die Liebe:

  • Sanja Bauer Mikulovic ist Neurowissenschaftlerin am Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) und leitet die Forschungsgruppe "Kognition und Emotion". Sie leitet außerdem die Leibniz-Junior Research Group "Can we learn to be good?".
  • Johanna Degen ist Sozialpsychologin und Wissenschaftlerin an der Europa-Universität Flensburg und leitet das Psychologische Institut für Subjektivitäts- und Praxisforschung. Sie ist außerdem Ausbilderin beim "Teach LOVE", einem Anbieter für Fortbildung und Beratung im Bereich Sexuelle Bildung und Aufklärung.
  • Nils Pickert ist Autor der Bücher "Prinzessinnenjungs" und "Lebenskompliz*innen". Als freier Journalist schreibt er außerdem viel zu den Themen Feminismus, Sexismus, geschlechtergerechte Erziehung und Rollenstereotype.

Konkret geht es im Wissen-unplugged-Gespräch um folgende Liebes-Mythen:

  1. Es gibt die Liebe auf den ersten Blick.
  2. Du musst nur den*die Richtige finden - dann wird alles gut.
  3. Es gibt die Liebe des Lebens.

An Mythos Nr. 2 glaubt Sozialpsychologin Johanna Degen zum Beispiel nicht so recht. Sie findet: Das Gold der Beziehung liegt auf der anderen Seite der Krise. Krisen gehören zur intimen Beziehung dazu.

"Wir hoffen darauf, dass unser ganzer Bullshit sich auflöst, wenn wir jemanden finden, mit dem wir das Leben teilen. Und dann ist die Liebe überfrachtet mit etwas, das sie nicht leisten kann."
Johanna Degen, Sozialpsychologin

Autor und Journalist Nils Pickert plädiert dafür, Langzeitbeziehungen nicht als das Nonplusultra anzusehen. Mehrere Kurzzeitbeziehungen müssten nicht schlechter sein als eine Langzeitbeziehung. Es sei kein Scheitern, wenn eine Beziehung auch mal ende.

"Wissen unplugged" ist eine Veranstaltungsreihe der ZEIT Stiftung Bucerius, der Leibniz-Gemeinschaft und Holtzbrinck Berlin in Kooperation mit Deutschlandfunk Nova und ZEIT Campus. Die dritte Veranstaltung fand am 07. November 2024 in der Hörsaal-Ruine in Berlin statt.