Wirtschaft in AfghanistanOpium statt Obst
Afghanistan wird seit Jahrzehnten von Kriegen verwüstet. Die Wirtschaft kommt nur schwer auf die Beine. Gerade verrottet eine ertragreiche Ernte am Flughafen. Nur mit Drogenhandel lässt sich wirklich Geld verdienen.
Es ist Erntesaison in Afghanistan, aber wie so vieles läuft auch das nicht rund, sagt unsere Korrespondentin Silke Diettrich. Eigentlich sollte Obst in großen Stil aus dem Norden ausgeflogen werden, aber es gibt da ein Problem: Die Flieger kommen zu spät oder sie kommen gar nicht. Und bei den Verspätungen geht es nicht um Stunden, wie das genervte Urlauber kennen, sondern um Tage oder Wochen. Dazu kommt: Am Flughafen kann das Obst nicht gekühlt werden. Es liegen also Tonnen von Melonen oder Trauben rum, die einfach verrotten.
Das meiste Obst aus Afghanistan wird in Indien gegessen und auf dieser Route kommt der Landweg nicht infrage, weil zwischen Afghanistan und Indien Pakistan liegt – Indiens Erzfeind. Transporte kommen also oft nicht durch, weil Pakistan die Grenze schließt oder keine Visa erteilt
Dabei ist der Export von Obst ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Afghanistan. Alle landwirtschaftlichen Produkte zusammen machen rund ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts des Landes aus. Die Afghanen exportieren natürlich auch Trockenfrüchte, aber frisches Obst macht rund die Hälfte des Exports aus. Die afghanische Wirtschaft ist schon immer sehr landwirtschaftlich geprägt gewesen, was eigentlich erstaunlich ist. Zahlreiche Gebirge durchziehen das Land, nur 12 Prozent der Fläche können überhaupt landwirtschaftlich bestellt werden.
"Frisches Obst macht die Hälfte des Exports landwirtschaftlicher Produkte in Afghanistan aus. Und deswegen ist es so fatal, wenn es jetzt an den Flughäfen verrottet."
Grundsätzlich hätte Afghanistan noch viel mehr zu bieten. Das Land ist gut mit Bodenschätzen bestückt, sagt Silke Diettrich. Es gibt Gas, Kohle, Gold, Marmor, Zink, Salz und seltene Erdmetalle. Vor einigen Jahren hat das Pentagon eine Studie veröffentlicht, in der steht, dass Afghanistan das Saudi Arabien des Lithiums werden könnte. Ein Leichtmetall, das sehr begehrt ist, weil es in unseren Handyakkus steckt.
Es gibt Schätzungen, dass diese Mineralien mindestens 1 Billion Dollar wert sein könnten. Und genau das könnte auch das Interesse von Donald Trump geweckt haben. In jedem Fall will der frühere Geschäftsmann den Einsatz der US-Truppen in Afghanistan verlängern.
Ziegelsteine und Coca-Cola
Jenseits von Landwirtschaft und Bodenschätzen ist Afghanistan ein wirtschaftliches Entwicklungsland. Es gibt eine kleine Produktion von Ziegelsteinen, von Kleidung, Teppichen oder Schuhen, sagt Silke Diettrich. Pepsi und Coca Cola produzieren außerdem Getränke ohne Alkohol im Land. Und auch ein paar Telekommunikationsfirmen arbeiten hier.
"Es gibt Schätzungen, dass die Mineralien in Afghanistan eine Billion Dollar wert sein könnten."
Autos oder Maschinen werden in Afghanistan dagegen nicht produziert. Auch weil im Land seit vier Jahrzehnten Krieg oder kriegsähnliche Zustände herrschen. Und auch heute ist die Lage für viele Investoren viel zu unsicher. Die Folge: 40 Prozent der Afghanen sind arbeitslos, weil sich die Wirtschaft ohne Hilfe von außen kaum alleine tragen kann.
Es gibt eigentlich nur einen Wirtschaftszweig, der in Afghanistan floriert: Laut Weltdrogenbericht kommen 70 Prozent des Opiums, das weltweit auf dem Markt ist, aus Afghanistan. Seit Jahren ist die Ernte von Opium kontinuierlich gestiegen, im vergangenen Jahr um mindestens 40 Prozent gegenüber dem Jahr davor. Das alles sind natürlich nur Schätzungen.
Zwar ist der Anbau von Opium auch in Afghanistan illegal, viele Gegenden sind aber kaum zugänglich, weil die Taliban dort anbauen oder die Felder von Sicherheitsleuten geschützt werden. Grundsätzlich gilt: Es verdienen einfach zu viele Parteien mit am Geschäft mit dem Opium: Warlords, Bauern, Polizisten oder eben die Taliban. Die Vereinten Nationen sagen, dass vergangenes Jahr Opium im Wert von rund einer Milliarde Euro in Afghanistan produziert wurde