Wiener VerkehrsbetriebeStraßenbahn-Passagiere als Paketboten
Pakete per Straßenbahn ausliefern – und mitmachen können alle, die Bock dazu haben. In einer Machbarkeitsstudie testen die Wiener Verkehrsbetriebe und das Institut Fraunhofer Austria gerade, ob das klappen kann.
Weihnachten kommt schneller, als wir bis drei zählen können. Und dann kämpfen sich wieder die Zustellerfahrzeuge durch die vollgestopften Straßen, um alle Pakete rechtzeitig zum Fest auszuliefern. Einige von denen fahren zwar zum Teil schon elektrisch – voll wird es aber trotzdem.
Aus diesem Grund haben sich kluge Menschen auch noch andere Konzepte ausgedacht, die im besten Fall praktisch und klimafreundlich sind. Eines davon wird gerade in Wien ausprobiert: Die Machbarkeitsstudie der Wiener Verkehrsbetriebe und des Instituts Fraunhofer Austria will Wege finden, um CO2 einzusparen und die Straßen leerer zu bekommen.
Mithelfen per App
Mit einer App können sich Leute, die bei dem Test mitmachen wollen, für eine Strecke registrieren, die sie fahren möchten. Sie bekommen dann einen QR-Code für eine Paketstation in der Nähe der Station, an der sie in die Straßenbahn einsteigen. Dort holen sie dann ein Paket ab. Da, wo sie aussteigen, legen sie es dann in einer anderen Paketstation wieder ab – dort kann es sich die Empfängerin oder der Empfänger dann abholen.
"Die große Frage: Welche Anreize braucht es, damit Menschen Lust haben, bei der Paketverteilung mitzumachen?"
Eine der Kernfragen, die der zweimonatige Versuch klären will, lautet: Warum sollten sich Menschen an der Paketverteilung beteiligen wollen? Ein möglicher Anreiz könnte etwa sein, im Gegenzug Pakete kostenlos versenden zu können.
Eine weitere Frage: Für welche Art von Paketen ist die Idee in der Praxis umsetzbar und sinnvoll? Zu große und schwere Sendungen scheiden wahrscheinlich aus. Auch bestimmte Uhrzeiten scheinen wenig sinnvoll – etwa wenn zur Rushhour viele Passagiere dann auch noch ein Paket in der Hand haben.
ÖVM als Transportmittel auch in Karlsruhe
Straßenbahnen in Randzeiten auch für den Transport zu nutzen, ist dagegen keine ganz neue Idee, berichtet Sebastian Sonntag aus der Deutschlandfunk-Nova-Redaktion. Ein ähnliches Projekt gibt es zum Beispiel auch in Karlsruhe. Dort wird seit Anfang 2021 für drei Jahre eine Tram getestet, die sowohl Menschen als auch Güter transportiert. Und in Dresden hat jahrelang eine Gütertram das VW-Werk beliefert, diese wurde mittlerweile allerdings eingestellt. Karlsruhe und Dresden waren allerdings beides Modelle, die - anders als in Wien - nicht auf die Crowd setzen.
Transportmittel zu nutzen, die ohnehin fahren und vielleicht nicht immer ausgelastet sind, klingt aber auch ohne Crowd nach einer sinnvollen Idee. Früher wurde das übrigens standardmäßig gemacht, sagt Sebastian Sonntag.
Der Postbus kommt (wieder)
"Die Idee der Postbusse wird gerade wieder neu entdeckt."
Gerade im ländlichen Raum kann das aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein. In verschiedenen Orten wird das mit unterschiedlichen Konzepten auch gerade getestet. Ein Beispiel ist der Flexibus im schwäbischen Landkreis Günzburg: Der Bus nimmt auf flexiblen Routen Menschen mit. Und in der Corona-Pandemie transportiert er auch Lebensmittel vom Supermarkt nach Hause. So können gerade Routen auf dem Land, wo es nicht so viele Fahrgäste gibt, querfinanziert werden.
Lieferung kostet Geld
Voraussetzung: Es müssen auch genug Menschen bereit sein, für die Lieferung Geld zu bezahlen. Beim Flexibus kostet es zum Beispiel fünf Euro pro Lieferung. Wahrscheinlich würden viele Menschen aber erst Mal nicht bereit sein, so viel dafür zu bezahlen, hat Christoph Tripp, Professor für Handelslogistik an der TH Nürnberg, in der ARD gesagt.
"Über viele Jahre hat eine Service-Entwertung stattgefunden: Der Verbraucher ist an Gratislieferungen gewöhnt worden. Das im Hauruck-Verfahren umzustellen, ist sicher keine gute Idee."
Trotzdem: Verkehrsmittel, die ohnehin fahren, zu nutzen, um das zu transportieren, was ohnehin transportiert werden muss, macht Sinn. Genau das hat Verkehrsminister Andreas Scheuer im letzten Jahr auch vorgeschlagen – zum Beispiel den Transport von Paketen mit der Straßenbahn vom Logistikzentrum in die Innenstadt. Dort können sie dann in Paketstationen sortiert und mit dem Lastenrad zu den Empfängerinnen und Empfänger gebracht werden.
Eine Untersuchung der Frankfurter University of Applied Siences zeigt zwar, dass das ein bisschen teurer und zeitaufwendiger wäre als der konventionelle Pakettransport. Aber so könnten immerhin bis zu 57 Prozent CO2 eingespart werden.