Wie der TÜV Geld verdientBesiegeltes Geschäft
Der erste TÜV, der erste technische Überwachungsverein, wurde vor 150 Jahren gegründet. Um Dampfkessel auf ihre Sicherheit zu prüfen. Im Jahr 2016 gibt es kaum noch etwas, was ein TÜV nicht genau unter die Lupe genommen hat: Autos, Industrieanlagen, Aufzüge, Brustimplantate, Geldanlagen. Und die TÜVs sind schon lange nicht mehr nur Vereine, sondern machen richtig Geld.
Das Wort Verein tragen viele von ihnen nur noch im Namen - eigentlich handelt es sich bei vielen TÜVs um Aktiengesellschaften, die richtig Umsatz machen und wie normale Wirtschaftsunternehmen agieren. TÜV Nord, TÜV Süd und TÜV Rheinland setzen zusammen rund fünf Milliarden Euro um, sagt der Journalist Michael Houben, der sich ausgiebig mit dem Thema beschäftigt hat. Allein der TÜV Süd macht 2,2 Milliarden Euro Umsatz und beschäftigt über 20.000 Mitarbeiter.
Die drei sogenannten Vereine stehen in Wettbewerb - in einer hoch komplexen Konstruktion. Weil Vereine eigentlich keinen Gewinn machen dürfen, wurden GmbHs und Stiftungen gegründet. Der GmbH gehört dann wiederum eine Aktiengesellschaft, die wie jeder andere Konzern Geschäfte macht - mit einem kleinen Unterschied: Es gibt niemanden, der die Gewinne abschöpft. Die Folge: Sämtliche Gewinne werden in immer neues Wachstum gesteckt, erklärt Michael Houben.
"Die TÜVs prüfen alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist."
Dank dieser Expansionsstrategie sind fast überall auf der Welt Niederlassungen entstanden. Und es gibt fast nichts mehr, was ein TÜV nicht genau unter die Lupe nimmt. Überall wo es Industrie gibt, gibt es auch einen TÜV, sagt Michael Houben. Und daher werden nicht mehr nur Autos, Aufzüge und Industrieanlagen untersucht, sondern Kunden können Siegel für ihre Produkte in Auftrag geben. Ob das Produkt noch etwas mit Technik zu tun hat, ist dabei zweitrangig.
Was prüfen die eigentlich?
Ein lukratives Geschäft, das allerdings auch nach hinten losgehen kann. So hatte der TÜV Süd zum Beispiel viel Ärger mit der S&K-Wertpapier GmbH, die Geldanlagen für Privatleute angeboten hat. 10.000 Kunden hatte die GmbH, als sie pleiteging. Der Schaden: 240 Millionen Euro. Das Problem: S&K hatte jahrelang mit einem TÜV-Siegel geworben. Bei der Überprüfung ging es allerdings nur um die Buchführung der GmbH, erzählt Michael Houben. Und eben nicht darum, ob die Geldanlagen etwas wert waren.
Ein verbreitetes Problem: So schauen sich die Tester zum Beispiel an, ob ein Produkt noch unter hohen Temperaturen funktioniert aber nicht, ob es seinen Zweck erfüllt. Michael Houben rät, dem TÜV dann zu vertrauen, wenn es um technische Prüfungen geht und diese auch gesetzlich geregelt sind. Also beim Auto oder im Aufzug. Vorsicht ist bei Prospektwerbungen oder Medizinprodukten geboten.