GlücksforschungMit weniger Optimismus zu mehr Glück
Denk positiv! Jahrelang hieß es, dass positives Denken glücklicher macht. Nicht nur das, auch der Erfolg würde sich einstellen, solange eine Person nur fest daran glaubt. Eine Studie aus Großbritannien sagt jetzt: Im Gegenteil – nicht mehr, sondern weniger Optimismus kann uns glücklicher machen.
Forschende der University of Bath in Großbritannien haben in ihrer Studie herausgefunden: Menschen mit einer realistischen, rationalen Sicht auf die Dinge, treffen die besseren Entscheidungen für ihr Leben – und sind langfristig glücklicher.
Daten aus Längsschnitt-Studie
Die Glücksforscher haben für ihre Studie Daten aus einer Umfrage des "British Household Panel" analysiert – einer großen Längsschnittstudie, für die über einen Zeitraum von 18 Jahren jedes Jahr dieselben 1.600 Personen befragt worden sind. Für die Studie haben die Forschenden speziell die finanzielle Lage der Befragten analysiert – und geschaut, ob sie tendenziell über- oder unterschätzen, wie sich ihre Finanzen in Zukunft entwickeln.
Das Ergebnis: Diejenigen mit den realistischsten Einschätzungen waren am zufriedensten. Mitherausgeber der Studie Chris Dawson schreibt, dass Realismus langfristig das Glück und psychische Wohlbefinden erhöht.
Optimisten haben oft zu hohe Erwartungen
Das Problem vieler Optimisten: Ihre Erwartungen sind zu hoch. Das führt zu vielen Enttäuschungen, sagt Magdalena Bienert. Um Enttäuschungen zu bewältigen, braucht man aber viel Kraft, meint der Berliner Coach Johannes Braun. Dann kann Optimismus wiederum wichtig sein. Deswegen bevorzugt er einen Mittelweg, einen optimistischen Realismus. Denn Optimismus hilft uns dabei, Chancen zu ergreifen. Wichtig dabei bleibt aber eine gesunde Selbsteinschätzung.
"Pessimismus führt dazu, dass selbst dann keine positiven Emotionen erlebt werden können, wenn etwas doch besser ausgeht als erwartet."
Pessimismus ist jedenfalls keine Lösung. Das schreibt auch das britische Forschungsteam in der Studie. Denn wer immer Angst vor dem Schlimmsten hat, erlebt auch dann keine positiven Emotionen, wenn eine Situation doch besser ausgeht als erwartet, erklärt Magdalena Bienert.
Realistisch sein durch Selbstreflexion
Die gute Nachricht: Jeder kann lernen realistischer zu denken. Lifecoach Johannes Braun meint, dafür ist vor allem wichtig, sich vergangene Situationen vor Augen zu führen. Wir sollten mit einem scharfen, achtsamen aber auch mitfühlenden Blick beobachten, wie wir mit bestimmten Herausforderungen umgehen – und daraus dann die richtigen Schlüsse ziehen. Das bewahrt davor, sich zu übernehmen und schützt vor Enttäuschungen.
Realistisch bleiben während der Pandemie
Auch in Zeiten der Pandemie bleibt es wichtig, auf dem Boden zu bleiben, meint Magdalena Bienert. Dazu zählt auch, sich nicht von Verschwörungsmythen runterziehen zu lassen. Besser: Die aktuelle Situation und das eigene Befinden hinterfragen. Dann können wir an bestimmten Stellschrauben drehen, damit es uns wieder besser geht.
"Die Zeit gerade ist extrem herausfordernd, weil viele Dinge den bisherigen Gewohnheiten nicht mehr entsprechen."
Kreativ-Coach Johannes Braun rät gerade in Zeiten der Pandemie zu realistischen Betrachtungen. Dazu gehört auch: Sich selbst nicht übelnehmen, wenn einige Dinge im Moment schwerer sind als sonst. Lieber langsamer machen und gucken, was gerade möglich ist.