Acht Milliarden MenschenWeltbevölkerung: Der Peak ist in Sicht
Im November wurde offiziell verkündet, dass nun acht Milliarden Menschen auf der Welt leben. Die Menschheit wächst rasant und lässt immer weniger Platz für andere Arten. Expert*innen sagen aber: Es ist abzusehen, dass das Wachstum stoppen wird.
Derzeit läuft die UN-Biodiversitätskonferenz in Kanada. Ein Ziel des Treffens ist es, ein Drittel unseres Planeten unter Schutz zu stellen – in der Hoffnung, dass etwa der Hirschkäfer, der Schneeleopard oder der Feldhamster überleben. Das Problem von vielen Tier- und Pflanzenarten ist nämlich, dass der Mensch viel zu viel Platz für sich beansprucht und sich immer weiter ausbreitet. Kann unser Ökosystem uns überhaupt verkraften?
Die Weltbevölkerung wächst – noch
Mitte November war es soweit. In Manila, der Hauptstadt der Philippinen, kam Vinice zur Welt. Das winzige Mädchen wurde symbolisch als der achtmilliardste Mensch gefeiert. Zur Begrüßung überreichte eine Uno-Gesandtschaft eine große, bunte Torte.
Angela Bähr, die Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung, sagt, ganz genau weiß niemand, ob wir schon acht Milliarden Menschen sind oder etwas mehr oder weniger. Zählen ist schwierig, aber es gibt Hochrechnungen, zum Beispiel von der Uno. Die Organisation hat für den 15. November ausgerechnet: Jetzt sind es acht Milliarden.
In den 1920er Jahren: 2 Milliarden
Die Weltbevölkerung ist in den letzten 100 Jahren förmlich explodiert. Mitte der 1920er Jahre waren wir zwei Milliarden. Dann hat sich die Zahl bis 1974 – also in etwa 50 Jahren – verdoppelt, auf vier Milliarden. Und heute, nochmal knapp 50 Jahre später, sind es schon acht Milliarden.
Angela Bähr sagt, eine Antwort auf die Frage, wie viele Menschen die Erde verträgt, hat sie nicht. Und damit ist sie nicht allein, denn kein Mensch kann zuverlässig sagen, ab wann ein natürlicher Kipppunkt erreicht ist. Das Ganze ist kompliziert: Viele Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass es zwar noch ein paar Jahrzehnte so weitergeht, dass wir die elf Milliarden jedoch nie erreichen werden.
"Das verlangsamt sich schon seit Jahrzehnten. Und wir werden auch bald unseren Höhepunkt erreichen als Weltbevölkerung. Das heißt: Es geht nicht immer so weiter", sagt Colette Rose, Mitarbeiterin am Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung.
"Wir sagen oft: Wo weniger Menschen sterben, werden weniger geboren."
Diesen Höhepunkt der Weltbevölkerung erwartet die Uno irgendwann um das Jahr 2080. Bis dahin leben dann um die 10,4 Milliarden Menschen auf der Erde. Dass sich das Wachstum jetzt verlangsamt ist allerdings kein Zufall, sondern die Folge einer positiven Entwicklung in vielen Entwicklungsländern, erklärt Colette Rose.
Erfahrungsgemäß sinkt das Bevölkerungswachstum, wenn sich die Lebensbedingungen der Menschen verbessern, und vor allem, wenn die Kindersterblichkeit sinkt. Viele Kinder werden nämlich geboren, weil die Eltern Angst haben, dass sie im Alter nicht versorgt sind. Wo aber viele Kinder überleben, nehme Schritt für Schritt auch die Größe der Familien ab. Eine bessere medizinische Versorgung ist also ein Faktor. Ein anderer Hintergrund ist die sexuelle Aufklärung und der Zugang zu Verhütungsmitteln. Vor allem, wenn Frauen selbst die Kontrolle übernehmen können, sinkt die Zahl der Schwangerschaften deutlich.
Wichtigster Faktor: Bildung
Der wahrscheinlich wichtigste Faktor aber ist Bildung, meint Angela Bähr von der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung. Und zwar nicht nur Lesen, Schreiben, Rechnen, sondern höhere Bildung der Sekundarstufe – vor allem auch für Mädchen.
"Je mehr Sekundarbildung ein Mädchen hat, desto später ist tatsächlich ihre erste Schwangerschaft. Das ist außerordentlich interessant."
Diese Erkenntnisse leiten Wissenschaftler*innen ab aus der Geschichte der Industriestaaten. Es scheint jedoch kein rein westliches Phänomen zu sein, denn genau die gleichen Effekte beobachten Demografinnen und Demografen auch in der jüngeren Geschichte in Bangladesh, Malaysia oder Südafrika.
Das enorme Wachstum der Weltbevölkerung wird also voraussichtlich irgendwann stoppen, meinen die Expertinnen und Experten. Und sie sind sich auch sicher, dass die Erde es aushält wenn um die zehn Milliarden Menschen auf ihr leben. Allerdings müssten wir in den Industriestaaten mit unserem Energiehunger und Überkonsum ordentlich auf die Bremse treten.
"Gesellschaftlich und wirtschaftlich müssen wir in den reichen Industrieländern unseren Ressourcenverbrauch drastisch reduzieren."
Wir verbrauchen viel zu viel Energie. Wir produzieren viel zu viel Müll, verschwenden viel zu viele Ressourcen und nutzen viel zu viel Fläche. "Um das auf den individuellen Menschen zu bringen: Was kann jeder von uns machen? Ein ganz wichtiger Schritt ist, dass wir weniger tierische Produkte essen. Das hilft der Natur und damit auch jedem Mensch auf der Erde", sagt Colette Rose vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung.