WeisheitKaum zu fassen
Weisheit ist das, wovon jeder Einzelne und unsere Welt nie genug haben kann. Aber worauf kommt es bei Weisheit eigentlich an? Auf pures Wissen? Reine Intelligenz? Auf Beides? Oder ist es am Ende doch ganz anders? Stephan Beuting hat sich für uns auf den Weg gemacht, um Antworten zu finden.
Der Weisheit auf den Grund gehen - ein tolles Thema findet unser Reporter Stephan, aber leider überhaupt nicht zu fassen. Und auch die Menschen, die er auf der Straße trifft, tun sich schwer damit: "Ne gute Frage, was Weisheit ist? Was ist denn das, Weisheit: Ui!?", sagt zum Beispiel Marcel.
Eins der schwierigsten Themen in der Psychologie
Die Weisheit entzieht sich einer einfachen Definition und sie ist auch ansonsten eher flüchtig und kaum auffindbar. "Nee, ich nicht": Immerhin kann Anita mit ihren jungen 22 Jahren für sich ausschließen, weise zu sein. Das ist schön, aber Stephan braucht weise Menschen, die ihm zeigen, was es bedeutet, weise zu sein.
Nächster Versuch: Ein Anruf in Klagenfurth bei der Psychologin und Weisheitsforscherin Judith Glück aus Österreich. Sie sagt: Wissen ist ein Teil, der zur Weisheit gehört. Und zwar das Wissen, was es heißt, ein Mensch zu sein. "Man erwirbt es eben dadurch, dass man gerade über die Ereignisse, die ihn so ein bisschen aus der Bahn werfen, nachdenkt." Das Wissen alleine reicht aber nicht, so Judith Glück, "es geht auch darum, es realisieren zu können, indem man in so eine bestimmte Haltung geht und sich selber nicht so wichtig nimmt."
"Wir haben gelernt, dass es nicht gut ist, Menschen zu fragen, ob sie weise sind. Weil die, die sich dann melden, sind überzeugt von ihrer Weisheit, was schon gegen sie spricht."
Das macht es für Stephan allerdings deutlich schwerer, auf weise Menschen zu treffen. Judith Glück rät ihm daher, die Frage umzustellen: "Was gut funktioniert, ist zu fragen, ob sie jemanden kennen, der weise ist?"
Die weise Oma ist leider schon tot
Das funktioniert schon besser. Die Menschen erzählen Stephan von ihrer Oma, einer Schwester namens Antje, von einem Geschichtsprofessor und Anita von ihren Eltern. Das also ist sie, die Taskforce Weisheit. Nur leider kommt Stephan auf die Schnelle an sie nicht ran. Und die besagte Oma lebt auch gar nicht mehr.
"Weisheit ist wirklich eines der komplexesten Themen, die man in der Psychologie untersuchen kann."
Die Weisheitsforschung ist, was die Ergebnisse angeht, eher unbefriedigend. Interessant aber ist eine Studie, die Judith Glück durchgeführt hat: Hier wurden explizit links- und rechtsorientierte Menschen gefragt, welche Werte ein weiser Mensch vertritt.
"Die stark rechts stehenden Menschen denken, dass die weisen Menschen stärker universalistisch sind - das heißt, stärker tolerant sind und offen für andere Kulturen und Sichtweisen."
Dem linkspolitisch Andersdenkenden Weisheit zugestehen - das ist doch ein Anfang. Und wie ist das andersherum? Überraschung: "Gleichzeitig waren die links stehenden Menschen überzeugt, dass die weisen Menschen traditionsbewusster sind als sie", sagt Judith Glück.
Kaum taucht das Wort Weisheit auf, ist der Andersdenkende nicht mehr nur Idiot, sondern jemand mit einer Perspektive, die einzunehmen zumindest möglich scheint. "Das finde ich eigentlich schön und hoffnungsvoll“, sagt Stephan. Und so kann er am Ende doch einigermaßen zufrieden sein Mikro einpacken.