FußballWarum Fußball der Frauen im Ausland boomt - und bei uns nicht

Freitag geht es los: In Frankreich startet die Fußball-WM der Frauen - mit dabei auch das DFB-Team. Wo die Mannschaft sportlich steht, muss sich noch zeigen. Eine Sache ist aber schon vor Anpfiff klar: Fußballspiele der Frauen haben in Deutschland nicht den Stellenwert, den sie im europäischen Ausland haben. Unser Reporter versucht zu klären, warum das so ist.

Seit einiger Zeit sorgt ein Werbespot eines Kreditinstituts mit den Deutschen Fußballnationalspielerinnen für Wirbel. Die Sportlerinnen machen also auf sich aufmerksam. Genau das war in den vergangenen Jahren eher nicht der Fall. Die Zahl der aktiven Fußballerinnen steigt zwar, aber der Zuschauerschnitt in der Liga nimmt ab: Vor zwei Jahren waren rund 1000 Menschen pro Spiel im Stadion, in der abgelaufenen Saison nur noch 800. Das Interessante dabei: Im europäischen Ausland boomt der Sport.

Zu wenig Unterstützung für Profi-Fußballerinnen

Unser Reporter David Freches erklärt sich das unter anderem mit dem fehlenden Support durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Das hat zumindest die deutsche Nationaltorhüterin Almuth Schult vor knapp einem Monat der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisiert: Ihr fehle die Unterstützung aus ihrem eigenen Verband. Sowohl was Wertschätzung als auch was finanzielle Unterstützung angeht.

Dass im Fußball für die Frauen nicht so viel Geld fließt wie bei den Männern, ist kein Geheimnis. Je mehr Geld aber da ist, desto attraktiver lassen sich auch Länder- oder Ligaspiele gestalten. Das fängt bei Kleinigkeiten wie einer Hüpfburg an, damit statt einer Person vielleicht die ganze Familie kommt, und reicht bis zu Werbekampagnen. Das bestätigt auch Steffi Jones, Weltmeisterin und bis vergangenes Jahr Bundestrainerin.

"Das eine ist von dem anderen abhängig. Man muss professionelle Rahmenbedingungen schaffen, sodass das Spiel zu einem Highlight wird."
Steffi Jones, Weltmeisterin und bis vergangenes Jahr Bundestrainerin.

Auch, dass es im Vereinsfußball der Frauen keine wirklich festen Anstoßzeiten gibt, findet Steffi Jones nicht gut. Ihr Fazit: In den vergangenen Jahren wurde zu wenig in professionelles Marketing investiert. Dazu kommt: Geld im Fußball stammt nicht nur vom Verband, sondern auch von den Sponsoren. Aber die lassen nur dann etwas springen, wenn es attraktiv ist, im Frauenfußball zu werben. Und das ist in letzter Zeit zumindest schwieriger geworden.

Ein weiteres Problem: Es fehlt an Spielerinnen mit richtigem Starpotenzial. Das kritisiert auch Steffi Jones, eine der wenigen ehemaligen Spielerinnen, die einer breiteren Öffentlichkeit bekannt ist. Steffi Jones sagt aber auch: Es liegt auch an den Spielerinnen selbst, mehr Aufmerksamkeit zu schaffen. Sie täten zu wenig, um sich und ihren Sport jenseits des Platzes bekannt zu machen.

"Es reicht nicht, nur sonntags mal durch die Fanreihen zu gehen und 'Hallo!' zu sagen und zuzuwinken. Wenn du deine Stadt und die Menschen für den Sport begeistern willst, musst du einfach mehr raus."
Steffi Jones, Weltmeisterin und bis vergangenes Jahr Bundestrainerin.

In anderen Ländern sieht es besser aus in Sachen Frauenfußball. In Spanien, Frankreich, England und Italien knackten Fußballspiele der Frauen in den vergangen zehn Wochen Zuschauerrekorde. Das Highlight wurde Mitte März in Madrid angepfiffen: Das Spiel Atletico Madrid gegen den FC Barcelona sahen mehr als 60.000 Menschen im Stadion - Weltrekord für ein Ligaspiel. Nationale Rekorde folgten dann auch im April bei Ligaspielen in Frankreich und Italien mit jeweils 25.000 und 38.000 Menschen. Und beim Pokalfinale in England, vor ziemlich genau einem Monat, saßen über 43.000 Menschen auf den Rängen.

Professionellere Bedingungen im Ausland

Was im Ausland besser läuft: Die Bedingungen sind viel professioneller. Das sagt zumindest Dietmar Ness. Er ist Manager und Spielerinnenberater im internationalen Fußball der Frauen. Ganz deutlich lässt sich das zum Beispiel in Frankreich bei Olympique Lyon sehen. Ganz einfach weil bei dem Klub kein Unterschied zwischen Männer- und Frauenfußball gemacht wird.

"Die Frauen trainieren gemeinsam mit der ersten Mannschaft der Männer, der zweiten Mannschaft der Männer, auf dem gleichen Trainingsgelände. Sie haben den gleichen Koch, sie haben den gleichen Arzt. Sie haben die gleichen Strukturen gelegt. Und es ist dort halt ein Profistatus, mit allem, was dazu gehört."
Dietmar Ness, Manager und Spielerinnenberater im internationalen Frauenfußball.

Lyon hat gerade zum vierten Mal hintereinander die Champions League gewonnen. Die Folge: Spitzenspiele sind oft ausverkauft. Und dem Verein steht ein Präsident vor, der gesagt hat: Ich mache aus unseren Frauen ein Weltklasseteam. Und genau so handelt der Verein auch. Dieselben Profibedingungen für Frauen wie für Männer - also alles eine Spur fetter und professioneller als in Deutschland, wo Frauenteams meistens nur zu Nachwuchsleistungszentren, also quasi zur Jugendakademie gehören.

Die Erfolgsformel könnte also lauten: Je gleicher die Profi-Bedingungen, desto besser das Niveau, desto mehr Zuschauer. Und dann gehört natürlich auch noch geschicktes Marketing dazu. Das zeigt das Beispiel Spanien, also der Zuschauerinnen-Weltrekord bei der Partie Atletico Madrid gegen Barca: Beide Vereine haben ihre Frauenteams in den vergangenen Jahren ähnlich wie Lyon professionell aufgestellt, jetzt spielen sie auf Topniveau.

Die Partie im März war also ein Spitzenspiel, deshalb sind 25.000 Karten im freien Verkauf weggegangen. Dann haben sich beide Vereine aber noch abgesprochen und gesagt: Wer Mitglied bei uns ist, kann kostenlos zuschauen. Das Ergebnis: 60.000 Menschen im Stadion. Wie nachhaltig das ist, muss sich noch zeigen. Aber schon jetzt ist klar: Einzelne Topspiele werden im Ausland viel besser vermarktet als in Deutschland.