Priorisierung in der WarteschleifeWie in Hotlines Kunden bevorzugt werden
Anruf bei der Hotline eines Unternehmens. Selten haben wir direkt eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter am anderen Ende, meistens landen wir erstmal in der Warteschleife. Wenn es dauert, kann man sich schon mal Gedanken machen: Warum dauert das so lange? Tröstliche Nachricht: Die anderen müssen ja auch warten. Aber was, wenn das nicht stimmt? Anbieter von Warteschleifen experimentieren mit Priorisierung. Das heißt: Sie finden heraus, wer anruft, und danach wird entschieden, wer wie lange wartet.
"Sobald ein Ohr frei wird, sind wir für sie da."
Unschöne Musik, lange Wartezeiten und am Ende oft keine Lösung. Warteschleifen haben kein besonders gutes Image. Und jetzt auch noch Priorisierung? Gerrit Kahl ist Informatiker am Deutschen Zentrum für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken. Er erklärt, wie das bevorzugte Annehmen von Anrufen funktioniert: "Bei einer Priorisierung kann man erstmal erkennen, welche Telefonnummer ist denn dran. Über die Telefonnummer kann man Rückschlüsse ziehen, welcher Kunde ist es denn." Und wenn dem Unternehmen weitere Informationen über den Kunden oder die Kundin vorliegen, dann können die Mitarbeiterinnen im Call-Center entscheiden, wie wichtig er oder sie ist.
Der unterschiedliche Wert von Kunden
Gerrit Kahl kümmert sich am Deutschen Zentrum für Künstliche Intelligenz um die Schnittstelle zwischen KI und Einzelhandel. Es geht dabei um Algorithmen, die bestimmen können, wie wertvoll ein Kunde für das Unternehmen ist, wie viel er dem Unternehmen in seinem Leben voraussichtlich bringen wird. Das Stichwort heißt: Customer Lifetime Value. Je höher der Lifetime Value, desto schneller kommen wir durch die Warteschlange.
"Ist das vielleicht ein Premium-Kunde, der vielleicht auch etwas mehr bezahlt, der andere Dienste dazugebucht hat?"
Wenn wir Extras gebucht haben oder Premium-Kunden sind, zahlt sich das in der Warteschleife möglicherweise aus. Wenn der Algorithmus feststellt, dass wir zur Low-Lifetime-Value-Gruppe gehören, dann könnte es langwierig werden. Kaum jemand weiß genau, wie oft das in Deutschland inzwischen vorkommt und welcher Anbieter es einsetzt. Für uns als Kunden ist es unmöglich zu erkennen, ob ein Unternehmen mit diesen Algorithmen arbeitet oder nicht. Das Erfassen der Daten, die Entscheidung, wer wann einen Mitarbeiter spricht – das alles läuft im Hintergrund ab, sagt Gerrit Kahl.
"Eine Chance, das zu erkennen. gibt es nicht. Das läuft alles im Hintergrund automatisch."
Benjamin Barnack hingegen, Vorstandsmitglied des Call-Center-Verbands Deutschland, könnte mehr über das Thema wissen. Sein Verband schätzt, dass inzwischen jedes fünfte Unternehmen, das eine Hotline anbietet, mit Priorisierung arbeitet. Aber den erreicht unser Reporter Stephan Beuting leider nicht. Bei jedem seiner Versuche, Barnack anzurufen, landet er – wie könnte es auch anders sein – in der Warteschleife.