Trust-BarometerWann uns Pessimismus helfen kann
Im internationalen Vergleich sind die Deutschen ganz schöne Miesepeter. Das zeigt das Ergebnis des jährlich erscheinenden Edelmann Trust-Barometers. Angesichts kommender Herausforderungen wie Klimawandel, ökonomischer Unsicherheit und internationalen Konflikten vielleicht auch verständlich. Aber: Deutschland geht es doch vergleichsweise gut. Klingt paradox, ist es aber laut Soziologin Janina Steinmetz überhaupt nicht.
"Gerade weil es uns so gut geht, haben wir die Sorge: Vielleicht geht es bergab."
Befinden sich Menschen in einer generell guten Lage, ist jede auch nur minimale Verschlechterung alarmierend. Im Gegenzug fallen Verbesserungen, seien sie auch noch so klein, Menschen sehr viel mehr auf, wenn sie sich in einer schlechteren Lage befinden. In Deutschland ist nur jeder Vierte optimistisch gestimmt, noch weniger sind es laut dem diesjährigen Edelmann Trust Barometer in Frankreich und Japan. Aber was macht das mit einer Nation, wenn sie nur aus Pessimisten besteht? Das kommt darauf an, wie sie mit dem Pessimismus umgeht, so die Soziologin Janina Steinmetz. Denn Pessimismus kann auch zu gesunder Teilhabe führen, also dass Menschen in Parteien eintreten, Initiativen gründen, die Dinge angehen, um sie zu ändern.
Generell müsse man aber bei Pessimismus unterscheiden, so Janina Steinmetz. Der Trust-Barometer bezieht sich auf Umstände, auf die das Individuum keinen Einfluss nehmen kann, deswegen wirken sie für viele so bedrohlich.
"Menschen sind oft überoptimistisch."
Wenn es aber um persönliche Umstände geht, seien Menschen oftmals viel zu optimistisch. Sie schätzten das Risiko von Krankheit, einer Scheidung oder eines Unfalls wesentlich niedriger ein, als es tatsächlich ist. Das führe im Umkehrschluss dazu, dass auf die Sonnencreme verzichtet oder zu sehr aufs Gaspedal gedrückt wird.
Mehr Optimismus, mehr Risiko
In Ländern, in denen es mehr Optimisten gibt, also etwa die USA mit knapp 45 Prozent laut dem Edelmann Trust-Barometer, gibt es auch eine höhere Risikobereitschaft, etwa in Bezug auf ökonomische Entscheidungen. Dadurch entstehen beispielsweise viel mehr Start-ups. Aber: Es gehen auch mehr Menschen mit ihren Unternehmen bankrott. Man kann eben nicht alles haben, so Janina Steinmetz. Optimismus beeinflusse unser Risikoverhalten zugunsten eines Risikos. Eine gesunde Portion Pessimismus kann demnach als Korrektiv dienen und dafür sorgen, dass wir auf dem Boden bleiben und präventive Maßnahmen ergreifen.
"Man hat nie alles unter Kontrolle. Menschen tendieren aber dazu, zu glauben sie hätten alles unter Kontrolle."
Denn obwohl wir für unseren Sonnenschutz mehr tun können, als gegen den Klimawandel, können wir letzten Endes nicht kontrollieren, ob wir nicht trotzdem erkranken. Es geht also um die richtige Balance. Laut Janina Steinmetz, kommt es bei Pessimismus darauf an, ob er in Resignation oder in Prävention mündet. Lehne ich mich also zurück, weil sowieso alles verloren ist, oder ergreife ich Maßnahmen, die das Schlimmste abwenden können? Solange die deutschen Miesepeter also nicht in komplette Resignation verfallen, steht es um Deutschland auch in Zukunft noch ganz gut.