VorurteileGefühle sind die wahren Fakten
Fast jeder Mensch, der felsenfest davon überzeugt ist, dass er tolerant und unvoreingenommen auf andere Menschen zugeht, handelt in der Praxis anders. 80 bis 90 Prozent der Befragten in einer Studie der Universität Bielefeld fielen mit Vorurteilen gegenüber anderen auf. Beate Küpper spricht in ihrem Vortrag über unsere Vorurteile – vor allem gegenüber Muslimen.
Dass wir bei der Bewertung von Sachverhalten nicht rein nach Fakten urteilen, ist im Jahr 2010 in Deutschland überdeutlich geworden. Als der damalige Bundespräsident Christian Wulff seine Überzeugung verkündete, dass der Islam zu Deutschland gehöre, entbrannten heftige Streitereien. Wo kommen unsere Vorurteile her, wie entwickeln sie sich und wo werden sie uns noch hinführen?
"Ein Vorurteil ist, von anderen ohne ausreichende Begründung schlecht denken."
Die Diplom-Psychologin Beate Küpper sieht lang zurückliegende Stereotype als eine von mehreren Ursachen an, weil sie bei uns tief verankert sind. Sie spricht in ihrem Vortrag die sogenannte Völkertafel von 1725 an. Darin wird unter anderem gelehrt: Der Deutsche saufe viel. Der Muslim hingegen sei faul und beende sein Leben im Betrug. Bis heute könnten wir uns von diesen Bildern nicht lösen, so Beate Küpper.
"Der Orientale ist so eine Mischung aus 'Dolch hinter dem Rücken und Haremsdame'."
Mit den Büchern von Thilo Sarrazin ging es laut Beate Küpper in unserer Zeit auf ähnliche Art und Weise weiter. Heute würden wir bisher schlummernde Stereotype offen aussprechen wie: "Muslime integrieren sich nicht, sie verursachen hohe Kosten, geringe Bildung vererbt an niedrige Intelligenz, produzieren viele kleine Kopftuchmädchen", so zählt Beate Küpper einige der Vorurteile gegen Muslime auf. Selbst Lehrer oder Sozialarbeiter handelten bei der Bewertung von deutschen und ausländischen Jugendlichen vielfach gemäß ihren Vorurteilen, so die Forscherin.
Über die Vortragende
Beate Küpper ist Diplom-Psychologin und Professorin für Soziale Arbeit in Gruppen und Konfliktsituationen an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach. Ihr Thema lautet "Die Abwertung von Muslimen als Element einer gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit". Darüber gesprochen hat sie am 11. Januar 2018 innerhalb der Vortragsreihe "Islam - Deutungsrahmen und Denkmuster" der Akademie der Wissenschaften Hamburg.
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