Individuelle GesundheitsleistungenExtra-Leistungen beim Arzt: Vorsicht bei IGeL-Angeboten
Klar, wir alle wollen gern gesund sein. Und deshalb nehmen wir in der Arztpraxis auch mal Leistungen in Anspruch, die nicht von der Kasse gezahlt werden. Aber Vorsicht: Das kann teuer werden, ist nicht immer sinnvoll und manchmal sogar schädlich.
IGel – das steht für Individuelle Gesundheitsleistungen. Medizinische Leistungen, die ihr bei eurer Ärztin oder bei eurem Arzt in Anspruch nehmen könnt, die ihr aber selbst bezahlen müsst, weil eure Krankenkasse sie nicht abdeckt. Das können zum Beispiel Untersuchungen zur Früherkennung sein, etwa von Krebs, oder auch Impfungen, Augenkontrollen, Blutuntersuchungen und vieles mehr.
Für Patient*innen ist es meist aber schwierig einzuschätzen, welche Leistungen sinnvoll sind und welche nicht. Oft fehlt die Aufklärung über Nutzen, Risiken und auch über die Kosten, kritisieren etwa die Verbraucherzentralen.
Kritik an IGeL-Leistungen
So wie im Fall von Celine: Als sie zur normalen Krebsvorsorge zum ersten Mal zu einer neuen Frauenärztin kommt, wird sie schon bei der Anmeldung gefragt, ob sie einen Ultraschall machen wolle, erzählt sie. Ihre Antwort: Wenn das dazu gehört, dann gerne.
Der große Schock kommt danach: Celine wird zur Kasse gebeten. Es sei doch klar, dass das eine Selbstzahlerleistung ist, habe die Praxis gesagt. Und schlimmer noch: Eigentlich sollte so eine Untersuchung nicht mehr als 50 Euro kosten – die Praxis verlangt von ihr aber mehr als 300 Euro. Und Celine traut sich im Nachhinein nicht zu widersprechen, berichtet sie.
"Ich habe mich nicht getraut, da so einen Riesenaufstand zu machen, weil die Untersuchung schon stattgefunden hatte."
Celine ist leider kein Einzelfall, obwohl es klare Regeln für den Verkauf dieser Extras gibt – zum Beispiel:
- Patient*innen müssen vorher sachlich informiert werden.
- Sie dürfen nicht bedrängt werden.
- Der Patient oder die Patientin muss vorher erfahren, wie viel eine Leistung kostet und ihr schriftlich zustimmen.
Leider halten sich nicht alle Praxen an diese Regeln. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass sie mit solchen Extras Geld verdienen – etwa eben mit Ultraschalluntersuchungen, wie bei Celine.
Fragwürdige Ultraschall-Untersuchungen
Unter den Fachärzt*innen dürften Gynäkolog*innen die erfolgreichsten Verkäufer*innen sein. Der Medizinische Dienst, der die Krankenkassen berät, listet unter den Top-10-Selbstzahlerleistungen gleich vier aus der Gynäkologie auf, vor allem Ultraschall-Untersuchungen.
"Besonders attraktiv ist das, was ganz wenig Zeit kostet und mit einem Gerät gemacht werden kann."
Der Mediziner Attila Altiner sieht das kritisch. Er leitet die Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung am Uniklinikum Heidelberg und forscht zur Kommunikation zwischen Ärzt*innen und Patient*innen. Er warnt, dass viele der angebotenen Leistungen sogar Schaden verursachen könnten.
"Es gibt zum Beispiel bei der Früherkennung auf Eierstockkrebs überhaupt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass das irgendeinen Nutzen bringt."
Für den Nutzen der Früherkennung auf Eierstockkrebs – die IGeL-Leistung, die letztes Jahr am häufigsten angeboten oder nachgefragt wurde – gibt es laut Altiner zum Beispiel keine wissenschaftlichen Belege.
In der Summe führt das aber nicht nur zu einer Menge unnötiger Untersuchungen – bei ungefähr drei von hundert Frauen werden sogar völlig gesunde Eierstöcke entfernt, heißt es im IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes. Deshalb rieten sogar ärztliche Fachgesellschaften von der Untersuchung ohne konkreten Verdacht ab. Und der Monitor listet noch viele andere Individuelle Gesundheitsleistungen auf, die fragwürdig sind.
"Fragen sie ihre Ärztin oder ihren Arzt ganz genau: Was ist der Nutzen? Was ist der Schaden?"
Tipps bei IGel-Angeboten
Aber was können Patient*innen tun? Zum Beispiel:
- Ganz wichtig: Lasst euch zu nichts drängeln, nehmt euch Bedenkzeit!
- Fragt euren Arzt oder eure Ärztin nach Nutzen und Schaden.
- Fragt vorab nach möglichen Kosten.
- Lasst euch alle Informationen schriftlich geben, informiert euch dann zu Hause noch mal oder holt eine Zweitmeinung ein.