Virus H5N1Vogelgrippe: Wie sich Kühe in den USA mit dem Erreger infizieren

Wie ist das Vogelgrippevirus auf die Kühe in den USA übertragen worden? Das versuchen Forschende noch herauszufinden. Denn lange ist der Erreger H5N1 bei den Kühen gar nicht erkannt worden. Auch in Deutschland wird nun die Übertragung erforscht.

Gerade in den vergangenen Jahren war die Vogelgrippe immer wieder Thema. Für Geflügel galt bis Anfang des Jahres Stallpflicht, damit die Übertragung auf Wildvögel gestoppt wird, von denen sehr viele an der Vogelgrippe gestorben sind.

Bekannt ist auch die Übertragung des Virus auf Säugetiere, zum Beispiel auf Füchse oder Seehunde. Als die Meldung aus den USA Anfang des Jahres kam, dass bei Milchkühen der Vogelgrippe-Erreger festgestellt wurde, hat das auch Timm Harder erstaunt. Er ist beim Friedrich-Löffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, zuständig die Vogelgrippe oder Aviäre Influenza.

Kühe per Zufall auf Vogelgrippe-Virus getestet

Vermutlich sind die ersten Tiere im November oder Dezember 2023 infiziert worden. Genau lasse sich das nicht mehr zurückverfolgen, sagt Timm Harder. Denn die Erkrankungserscheinungen bei den Kühen waren nicht besonders auffällig. So stellten die Landwirte Euterentzündungen fest, die bei Milchkühen nicht ungewöhnlich sind. Weil diese mit den üblichen Medikamenten nicht in den Griff zu bekommen waren, erhärtete sich er Verdacht, dass es sich um eine neue unbekannte Krankheit handeln könnte.

"Irgendwann ist jemand darauf gekommen und hat auch auf H5N1 getestet und wurde fündig."
Timm Harder, Leiter des Nationalen Referenzlabor für Aviäre Influenza am FLI

Auf Verdacht wurden die erkrankten Kühe auf den Vogelgrippe-Erreger getestet – und waren positiv. Wie genau die Infektion geschehen konnte, ist den Forschenden noch nicht klar. "Es scheint aber so zu sein, dass es nur ein einziges Übertragungsereignis gegeben hat - vermutlich irgendwo in Texas in einer Milchviehherde", sagt Timm Harder.

Um genauer zu verstehen, wie der Übertragungsweg erfolgt, wollen Forschende des FLI auf der Ostsee-Insel Riems Infektionsversuche an Kühen starten. In einem Hochsicherheitstrakt auf der Insel wollen die Forschenden Rinder mit dem Erreger aus den USA infizieren.

Übertragung durch verunreinigtes Melkgeschirr

Von diesem einem Infektionsereignis im vergangenen Jahr hat sich dann mit großer Wahrscheinlichkeit das Virus weiter über Melkanlagen verbreitet, vermutet Timm Harder. Melkgeschirr, das an mehreren Eutern verschiedener Kühe angelegt wird, kann so das Virus von Kuh zu Kuh übertragen.

Für den Menschen ist das insofern unbedenklich, weil nur behandelte, also pasteurisierte Milch in den Handel gelangt. Wer Rohmilch einer infizierten Kuh trinkt, könnte sich mit dem Vogelgrippe-Virus anstecken.

"Unbehandelte Milch, wie sie aus dem Euter kommt, ist hochgradig infektiös."
Timm Harder, Leiter des Nationalen Referenzlabor für Aviäre Influenza am FLI

Bei der Haltbarmachung der Milch, also der Pasteurisierung, wird das Virus unschädlich gemacht. US-amerikanische Behörden haben diese Milch als unbedenklich für den Menschen eingestuft. Auch wenn das Genom, das Erbgut des Erregers, die H5N1 RNA, in Bruchstücken in der Supermarktmilch nachgewiesen werden kann, sagt Timm Harder. Dieser Nachweis deutet auf jeden Fall daraufhin, so der Wissenschaftler, dass Erreger bis in die Molkereien gelangt sind.

Konsequenzen für die Zukunft?

Auch wenn die Milch zunächst ungefährlich ist, machen sich die Forschenden Gedanken über die weiteren Konsequenzen. Wenn ein Virus aus der Vogelwelt auf Säugetiere übergeht, passt sich das Virus an seine neue Umgebung an. Meist bleiben aber die Säugetiere eine Sachgasse, erklärt Timm Harder, weil dem Virus nicht genug Zeit für die Anpassung bleibt. Die Verbreitung von Säugetier zu Säugetier kann somit nicht stattfinden.

"Jede Infektion eines Säugetiers rückt das Virus zumindest theoretisch näher auch an den Menschen heran."
Timm Harder, Leiter des Nationalen Referenzlabor für Aviäre Influenza am FLI

Aber jede Infektion eines Säugetiers gibt dem Virus die Möglichkeit, sich per Zufall an die neue Umgebung anzupassen und sich weiter innerhalb dieser neuen Spezies zu vermehren, gibt Timm Harder zu bedenken.