Virologe Christian DrostenNeues Coronavirus: Keine Sorge für Normalbürger

Hinweis: Dieses Stück stammt vom 04. Februar 2020. Die Lage rund um das neuartige Coronavirus verändert sich ständig. Das neuartige Coronavirus verbreitet sich in China immer mehr. Auch in anderen Ländern wie in Deutschland ist die Zahl der Infizierten gestiegen. Die Angst vor einer Ansteckung macht sich breit, doch Virologe Christian Drosten hält sie für unbegründet. Denn andere Erreger und Krankheiten seien weitaus ansteckender oder gefährlicher.

Christian Drosten ist Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité. 2003 hat er das Sars-Virus mit entdeckt. Für das neue Coronavirus hat er einen Schnelltest entwickelt, der bei Verdachtsfällen angewendet wird. "Nach all den Daten, die ich kenne, bin ich überzeugt davon, dass dieses Virus den Einzelbürger nicht so stark befassen muss wie zum Beispiel das Sars-Virus."

"Ich glaube, dass der normale Fall gerade bei nicht grunderkrankten Personen eher ein milder Verlauf ist. Die Patienten, die man bis jetzt in Europa oder auch USA gesehen hat, die waren im Vergleich dazu viel weniger krank. Die hatten mehr eine Erkältungskrankheit."

Oft heißt es im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus, dass eine Grippeinfektion für uns viel gefährlicher verlaufen könne. Der Vergleich mit der saisonalen Grippe hinkt vollkommen, sagt Christian Drosten. Bei der saisonalen Influenza spricht man von der sogenannten Influenza-Übersterblichkeit, wenn es dabei zu manchmal 15.000 oder 30.000 Toten kommt, erklärt der Virologe.

Das seien aber die durchschnittlichen Todesfälle pro Monat verglichen mit den Todesfällen in den Monaten des Jahres, in denen Influenza-Saison herrsche. Und die Differenz zwischen diesen beiden Influenza-Perioden beschreibt dann die Übersterblichkeit, die dem Virus zugeschrieben werde, ohne dass man dazu klarere Daten hätte. Deshalb seien die Zahlen von Todesfällen durch Influenza und denen durch das neue Coronavirus nicht vergleichbar, erklärt der Virologe.

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Wenn man eine Influenza-Pandemie genauer untersucht, handelt es sich um eine Erkrankung, die innerhalb von zwei Infektionswellen die gesamte Bevölkerung betrifft. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung im Bereich von 70 Prozent wird dann infiziert. Dabei spricht man von Fallsterblichkeitsrate, das sind die Gestorbenen pro registrierte Fälle, erklärt Christian Drosten.

Grippe lässt sich schwer mit Coronaviren vergleichen

Diese Fallsterblichkeitsrate lag bei den typischen Influenza-Pandemien im letzten Jahrhundert - 1957 und 1968 - bei etwa 0,1 Prozent. "Ich könnte mir gut vorstellen, dass so eine Influenza-Pandemie ein gutes Denkmodell ist für etwas, das uns vielleicht erwarten könnte mit diesem neuen Virus." Allerdings betont Christian Drosten das "Vielleicht". "Ich kann immer noch nicht sagen, es wird eine Pandemie geben und ich kann erst recht nicht sagen, was dann die Fallsterblichkeit dann sein wird."

"Ich muss da immer noch vielleicht sagen. Ich kann immer noch nicht sagen: 'Das wird jetzt eine Pandemie geben.' Ich kann erst recht nicht sagen, was dann die Fallsterblichkeit sein wird."

Auf die Frage, wie das neue Coronavirus übertragen wird, muss Christian Drosten sagen: "Ich weiß das nicht. Es gibt keine Daten zu dem einen oder anderen Übertragungsweg."

Übertragung des neuartigen Coronavirus möglicherweise wie bei Erkältung

Er habe allerdings den Eindruck, nachdem er Fallbeschreibungen gesehen habe, dass man sich diese Erkrankung so holt, wie man sich auch andere Erkältungskrankheiten holt: Durch einen Kontakt mit einem Infiziertem, indem man ihm gegenübersitzt, sich mit ihm unterhält, eng mit ihm in einem Raum sitzt und auch angehustet wird.

"Ich habe auch eine Familie und auch wir reden zu Hause darüber. Natürlich macht sich jeder Sorgen."
Christian Drosten, Direktor Institut für Virologie an der Berliner Charité

Normalbürger müssen sich keine große Sorgen machen, dass sie angesteckt werden und erkranken, sagt Christian Drosten, auch wenn das gerade bei vielen Menschen der Fall ist. "Aber bei einer nüchternen, wissenschaftlichen Betrachtungen ist das jetzt eher für Gesundheitsplaner ein Thema, für Personen, die im Gesundheitssystem Verantwortung haben."

Aktuell müsste vor allem überlegt werden, was getan werden kann, wenn viele Patienten auftauchen, selbst wenn diese gar nicht schwer erkranken, müssten sie trotzdem eingetragen, gemeldet werden und von einem Arzt behandelt werden. Genau das muss organisiert werden.