VerkehrswendeWie wir Autos aus den Innenstädten kriegen
Autos sind in vielen Innenstädten ein Problem und ziemlich langsam noch dazu. Sie weiter auszubremsen ist ein Mittel, PKW aus der City herauszuhalten. Das ist nicht das einzige.
Wer durch Innenstädte in Deutschland geht, sieht wohl an manchen Tagen mehr Autos als Menschen. Tatsächlich beanspruchen Autos sehr, sehr viel mehr Platz als alle anderen Verkehrsmittel. Je schneller sie fahren, desto mehr Platz benötigen sie. Fußgänger brauchen erwartungsgemäß am wenigsten.
Abgas- und Lärmbelastung kommen noch hinzu, so dass viele Stadtverwaltungen inzwischen versuchen, den Autoverkehr möglichst aus den Innenstädten herauszuhalten und damit andere Verkehrsmittel aufzuwerten. Zum 01.01.2021 hat Brüssel in der Innenstadt flächendeckend Tempo 30 eingeführt. Bis 2030 soll Brüssel nur noch aus verkehrsberuhigten Zonen bestehen. Das Ziel: ein Drittel weniger Verkehr in der Stadt.
Beginn einer Verkehrswende
30 Km/h ist eine Geschwindigkeit, die durchschnittlich in vielen deutschen Großstädten inklusive des Ruhrgebiets auf den letzten 1,6 Kilometern der Fahrt 2019 erreicht worden ist. In München wird sie in der Regel deutlich unterschritten und liegt bei knapp 18 Km/h. Das liegt aber daran, dass es auf den Münchener Straße soll voll ist, dass ein schnelleres Fahren kaum möglich ist.
Tempo 30 soll in Brüssel Auftakt einer Verkehrswende sein, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Rahel Klein.
"Komplett verbannt werden sollen Autos nicht, aber bis 2030 soll es ein Drittel weniger Verkehr in der Stadt geben. Tempo 30 soll ein Anfang der Verkehrswende sein."
Mobilitätsforscher Weert Canzler sagt, die Geschwindigkeitsbegrenzung reiche sicherlich nicht aus, um eine Innenstadt für Autofahrerende ausreichend unbequem zu gestalten. Sie könne aber ein wichtiger Schritt sein, wenn Verstöße auch geahndet werden. Da hätten sich Blitzer bewährt. Bodenwellen seien eine gelungene bauliche Ergänzung.
"Das hat nur dann Sinn, wenn auch überwacht wird, beziehungsweise auch bauliche Maßnahmen gemacht werden, damit man nicht so einfach schneller fahren kann."
Die folgenden drei Maßnahmen eignen sich, um Innenstädte für den motorisierten Individualverkehr – also Autos – unattraktiver zu machen:
• Parken
Ein ganz wichtiges steuerndes Element sei das Parken, sagt Rahel. Weert Canzler bestätigt das. Wenn es einfach und günstig ist, einen Parkplatz zu finden, dann ist das für viele Menschen ein Anreiz, mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Abschreckend wirken der Rückbau von Parkplatzflächen und die Verteuerung des Parkens.
• Citymaut
In London, Stockholm und Oslo beispielsweise ist das Befahren der Stadt mit dem Auto für Menschen von auswärts eine richtig teure Angelegenheit.
"Wenn man da reinfährt, wird es richtig teuer. Das sind harte Maßnahmen, die auch wirken."
• Nahverkehr und Radinfrastruktur
Ist das Angebot alternativer Fortbewegungsmittel attraktiver als Autofahren, lassen Besucher gegebenenfalls auch freiwillig ihr Auto in der Garage: Bike-Sharing-Angebote, E-Scooter, Sammel-Taxis und eine verbesserte Fahrradinfrastruktur gehören dazu.
Oslo gilt insgesamt als Vorreiter, was diese Alternativen zum Auto und eine gelungene Verkehrswende angeht. Rahel sagt, die Stadt sei seit rund zehn Jahren auf einem ziemlich guten Weg.
Dort gebe es in der Stadt kaum noch Autos. Stockholm, Paris, Amsterdam und London hätten in den vergangenen Jahren viel unternommen, genauso wie die spanische Städte Barcelona und Madrid. In Deutschland verlaufe der Prozess etwas schleppend, bestätigt auch Mobilitätsforscher Weert Canzler.
"Die Musik spielt im Moment woanders. Also die Städte, die im Moment wirklich ehrgeizig sind, liegen außerhalb von Deutschland."
Es gebe zwar einzelne Kommunen, die ehrgeizige Projekte verfolgten, es dann zum Teil aber nicht leicht hätten, weil der politische Wille insgesamt in Deutschland einfach noch fehle, so der Mobilitätsforscher weiter. Autofahren in den Städten sei hierzulande einfach eine alte Gewohnheit.
"Wir Deutschen denken halt immer noch: Das war immer so, dass wir viele Autos hatten, auch in der Stadt - wir sind nichts anderes gewohnt, warum sollte das anders werden?"