Verhältnis zu unserem SelbstVor der Liebe steht das Kennenlernen
Nur wer sich selbst liebt, kann auch andere lieben. Michael Puett von der Harvard University kommt zu einem anderen Schluss. Er sagt, dass Selbstliebe schadet. Die Philosophin Rita Molzberger erklärt, was davon zu halten ist.
Michael Puett von der Harvard University kommt in einer Studie zu dem Fazit, dass Selbstliebe entgegen der landläufigen Meinung gar nicht gut ist, sondern uns sogar schaden könne. Dabei beruft er sich unter anderem auf chinesische Philosophen.
Rita Molzberger ist Philosophin an der Uni Köln. Sie erklärt, dass der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau als erster zwischen Selbstliebe (amour de soi) und Eigenliebe (amour propre) unterschieden hat. "Selbstliebe ist ein natürliches Prinzip der Selbstsorge ohne anderen Schaden zuzufügen. Problematisch ist die Eigenliebe, die den anderen nicht mehr im Sinn hat."
"Unproblematisch finde ich es, wenn ich bei mir anfange, den anderen mitberücksichtige, in der Welt bin und zu mir zurückkehre."
Ohne den anderen sind wir nichts
Michael Puett von der Harvard University kritisiert die Selbstliebe aus der Perspektive chinesischer Philosophen. Rita Molzberger erklärt, dass wir unser Selbst aus zwei Perspektiven denken können: aus der kollektiven oder aus der individuellen. "Es kann sein, dass das eigene den anderen untergeordnet ist. Das ist eine andere Denktradition, von der her das Problem anders aufgeklärt wird."
In der europäischen Tradition sieht Rita Molzberger genügend Raum, unsere Mitmenschen als elementares Bindeglied für die Vorstellungen unseres Selbst zu begreifen, ohne dass wir uns zwangsläufig dem Kollektiv unterordnen zu müssen. Selbstliebe ist dann ein reflektiertes Verhältnis zu uns selbst und zu anderen und zur Welt. "Das kann bei mir anfangen, das darf nicht bei mir stehenbleiben."
“Es ist wichtig, dass man sich selbst kennt und ein Verhältnis zu sich pflegt.“
Zuviel Selbstliebe sei dann schädlich, wenn wir den anderen nicht mehr im Blick haben, sagt Rita Molzberger. Ein Leben nach dem Motto, ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt, ist laut Rita Molzberger weder moralisch, ethisch noch für unseren mentalen Horizont besonders klug.
Am wichtigsten ist, dass wir uns selbst kennen, sagt Rita Molzberger. Darauf aufbauend ist ein liebendes Verhältnis zu uns selbst natürlich wünschenswert. Vorher wir aber für uns die Frage beantworten, wer wir sind und wer wir sein möchten.
"Es ist ok, mit sich selbst zu hadern, solange wir wissen, warum."