Harris vs. TrumpSo funktioniert das US-Wahlsystem

Wer löst Joe Biden als US-Präsident(in) ab? Die Spannung ist groß, der Ausgang der US-Wahl 2024 unklar. Es geht um die Stimmen der Wahlleute im sogenannten Electoral College, vor allem geht es um die Swing States. Wir erklären, wie das alles zusammenhängt.

Am 5. November 2024 wählen die US-Amerikaner*innen einen neuen Präsidenten. Außerdem wählen sie die Abgeordneten des Repräsentantenhauses und ein Drittel der Senator*innen neu. Das amerikanische Wahlsystem unterscheidet sich in Teilen deutlich von unserem in Deutschland.

Seinen Ursprung hat es in der amerikanischen Verfassung von 1787, die seitdem durch verschiedene Zusatzartikel erweitert wurde. Die Politologin Cathryn Clüver Ashbrook von der Bertelsmann Stiftung hat uns erklärt, wie das US-Wahlsystem funktioniert.

US-Wahlsystem: Ursprung 1787

In den USA wird der Präsident oder die Präsidentin indirekt gewählt – und zwar durch ein Kollegium von Wahlleuten, das sogenannte Electoral College. Auch in Deutschland werden die Bundeskanzler*innen nicht direkt gewählt, aber vom Parlament.

Für die Wahl des höchsten Amtes der USA hat die Verfassung mit dem Electoral College "eine Art Vorstufe" festgelegt, sagt Cathryn Clüver Ashbrook. Senat und Kongress werden in den USA direkt gewählt, aber eben nicht der Präsident oder die Präsidentin. Die Wahlleute werden abhängig von den Wahlstimmen in den Bundesstaaten bestimmt. Dafür werden zunächst die Stimmen der Bevölkerung in jedem Bundesstaat ausgezählt. Anschließend werden alle Wahlleute des Bundesstaates beauftragt, der Kandidatin oder dem Kandidaten mit den meisten Stimmen im Electoral College ihre Stimme zu geben.

Mehrheitswahlrecht: "The winner takes it all"

In den USA gilt das Mehrheitswahlrecht. "Das haben die Gründungsväter – es waren übrigens alles nur 'Väter' – von den Engländern übernommen", sagt Cathryn Clüver Ashbrook. "Der, der die meisten Stimmen bekommt, bekommt auch alle Wahlmännerstimmen." Das entspricht dem Prinzip "The winner takes it all". Die unterlegene Partei kann von den eigenen Wähler*innenstimmen also nicht profitieren.

Hillary Clinton bekam 2016 etwa 2,9 Millionen Stimmen mehr – und verlor

Genau das kann dazu führen, dass eine Kandidatin oder ein Kandidat USA-weit die meisten Stimmen erringt – also das sogenannte Popular Vote gewinnt – aber trotzdem nicht ins Weiße Haus einzieht. Zuletzt geschah das bei der US-Wahl 2016: Die Demokratin Hillary Clinton bekam landesweit zwar etwa 2,9 Millionen Stimmen mehr als Donald Trump, der Republikaner konnte aber mehr Stimmen der Wahlleute im Electoral College auf sich vereinen. Besonders, wenn der Wahlausgang in bevölkerungsreichen Staaten knapp ausfällt, kann das entscheidend werden.

Das unterscheidet sich von unserem Wahlsystem: In Deutschland haben wir eine Verhältniswahl, wenn auch mit Elementen der Mehrheitswahl. Bei der Verhältniswahl werden die Wahlämter genau im Verhältnis der abgegebenen Stimmen besetzt, also proportional.

"Wer die meisten Stimmen hat, nimmt alle Stimmen mit. Donald Trump hat noch nie ein Popular Vote gewonnen."
Cathryn Clüver Ashbrook, Politikwissenschaftlerin, Bertelsmann Stiftung

Das Mehrheitswahlrecht der USA macht es für Präsidentschaftskandidaten äußerst wichtig, in möglichst vielen Bundesstaaten zu punkten. Deshalb kommt den sogenannten Swing States eine große Rolle zu: Das sind Bundesstaaten, in denen mal demokratisch, mal republikanisch gewählt wird.

Historisch viele Swing States

Bei der Wahl 2024 kommt den Swing States eine ganz besondere Rolle zu, so Cathryn Clüver Ashbrook. "Das hat es historisch noch nie gegeben. Es gibt sieben Bundesstaaten, die in die eine oder andere Richtung gehen könnten." Sie spricht von Pennsylvania, Wisconsin, Michigan, Georgia, Arizona, North Carolina und Nevada.

Pennsylvania, Wisconsin, Michigan, Georgia, Arizona, North Carolina, Nevada

In diesen Bundesstaaten zeigen die Umfragen, dass Trump oder Harris nur um einen Prozentpunkt vorne liegen. "Bei der letzten Wahl waren es fünf Bundesstaaten, die unter dieser Ein-Prozent-Hürde lagen." Wie in diesen Swing States abgestimmt wird, wird die US-Wahl 2024 entscheiden, sagt Cathryn Clüver Ashbrook.

Warum dienstags im November gewählt wird

2024 fällt die Wahl auf den 5. November. Gewählt wird in den USA immer am ersten Dienstag im November – das hat historische Gründe:

Als Amerika noch durch Landwirtschaft geprägt war, boten sich sowohl der Dienstag als auch der November als Wahldatum an. "Im Sommer und im Frühherbst waren Ernte und Anpflanzen", erklärt Cathryn Clüver Ashbrook. Im November gab es weniger Arbeit, aber es war noch nicht sehr kalt. "Sonntags musste man in die Kirche, montags konnte man in die nächste Stadt reisen, um zu wählen."