Copyright-NovelleWas die Urheberrechtsreform der EU für das Netz bedeuten könnte
Die EU beschließt die Novelle des Urheberrechts - mit zwei wichtigen Kernpunkten: Plattform-Haftung für Urheberrechtsverstöße und Leistungsschutzrecht. Unser Reporter Michael Gessat hat dafür wenig Verständnis.
Die Copyright-Novelle ist beschlossen. Im EU-Parlament stimmten 438 Abgeordnete für den Entwurf der konservativen EVP, 226 waren dagegen. Damit geht zumindest teilweise eine der heftigsten Diskussionen zu Ende, die auf EU-Ebene dieses Jahr geführt wurde.
Obwohl Internet-Lobbyisten, Netzaktivisten und Verbände versuchten die Neuregelungen zu verhindern, haben es die zwei entscheidenden Punkte in die Gesetzesvorlage geschafft:
- Internetplattformen haften für Urheberrechtsverstöße ihrer User
- Das Leistungsschutzrecht
Plattformen haften für hochgeladenes Material
Punkt 1 umfasst die in den vergangenen Wochen viel besprochenen Upload-Filter. Die wird es vermutlich geben, weil Plattformen wie zum Beispiel Youtube künftig für das Material haften, das die User hochladen; bisherige Haftungsprivilegien entfallen.
Die Plattformen müssen nun "faire" Lizenzen mit den Rechteinhabern aushandeln, um Copyrightklagen zu vermeiden - oder eben mit Hilfe von Upload-Filtern versuchen zu verhindern, dass generell kritisches Material hochgeladen wird. Deutschlandfunk-Nova-Reporter Michael Gessat befürchtet deshalb eine Art "Facebookisierung" des Netzes:
"Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Uploadfilter auch massenhaft eigentlich legitimen Content zu Unrecht als urheberrechtsverletzend einstufen werden. Und dass es deshalb eine Reduzierung der Vielfalt geben wird, eine weitere Facebookisierung des Netzes. Gestärkt werden Plattformen mit Hausordnung."
Verlage wollen Geld für Überschriften
Punkt 2, also das Leistungsschutzrecht, gibt es in Deutschland schon länger. Das Prinzip: Suchmaschinen und Nachrichten-Aggregatoren (am meisten betroffen ist Google) sollen für die Übernahme kurzer Textabschnitte von Verlagen (wie zum Beispiel Axel Springer) bezahlen, weil Google damit Material übernimmt, das man als urheberrechtlich geschützt betrachten könnte. Betroffen davon sind zum Beispiel Überschriften und Teaser.
In Artikel 11 der Vorlage der EU-Novelle ist vorgesehen, dass Verlinkungen, die von "individual words" begleitet sind, vom Leistungsschutzrecht ausgenommen sind, sie sind also erlaubt. Das Problem: Es ist uneindeutig, was genau mit "individual words" gemeint ist - und das könnte am Ende das reine Verlinken von zum Beispiel journalistischen Artikeln erschweren.
Michael Gessat: "Wenn man diese Passage ganz radikal auslegt, dann wäre für einen Link auf einen Artikel, in dessen URL ja nun mal die Überschrift drinsteht, Kohle fällig."
"Ich persönlich finde das völlig irrwitzig. Die Verleger wollen, dass ihre Artikel gefunden werden. Ich bin bestimmt kein übermäßig großer Freund von Google, aber an deren Stelle würde ich im Zweifelsfall einfach eine Gebühr für die Auflistung in der Suchmaschine fordern."
Die Kritik am europäischen Leistungsschutzrecht ähnelt der an der deutschen Version: Warum sollte Google Geld dafür bezahlen, dass Links oder Überschriften gelistet werden, die wahrscheinlich dazu führen, dass die Google-User auf den Seiten der Angebote der Verlage landen, also etwa ein Online-Magazin?
Die Verlage argumentieren: Google würde mit der Übernahme einer Überschrift einen urheberrechtlich geschützten Inhalt übernehmen und damit Geld verdienen. Das ist irgendwie richtig. Aber genauso könnte Google argumentieren: Wir bringen euch Verlagen User, und mit denen verdient ihr Geld. Dafür hätten wir jetzt gerne eine Gebühr von euch.