UpskirtingAm Gesetz vorbei: Fotos unterm Rock
Frauen einfach so unter den Rock fotografieren? Klare Grenzüberschreitung! Weniger eindeutig ist die Gesetzeslage dazu in Deutschland. Großbritannien will jetzt schnell ein Gesetz durchbringen.
Die Briten hatten ein Gesetz gegen Upskirting - also das Fotografieren unter den Rock - schon so gut wie beschlossen. Damit sollen voyeuristische Bilder und deren Verbreitung mit Geldstrafen und bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet werden. Nun wurde jedoch der erste Entwurf des Gesetzes überraschend abgelehnt, weil ein konservativer Abgeordnete dagegen stimmte.
Wera Hobhouse, Liberaldemokratin und Abgeordnete im britischen Unterhaus, hat das Gesetz ins Parlament eingebracht. Sie sagt, es könne nicht sein, dass im Prinzip niemand wisse - Umstehende, Betroffene oder auch die Polizei -, wie man mit solchen Fällen umgeht.
"Deshalb ist es wichtig, dass wir die Debatte haben aber auch ein Gesetz, das es einfach verbietet."
In Deutschland ist die Gesetzeslage bis dato ebenfalls nicht eindeutig. Es gibt zwar Möglichkeiten, gegen Upskirting, das einige als regelrechten Sport auf unterschiedlichen Plattformen betreiben, vorzugehen. Aber es ist schwierig, wie Rechtsanwalt Christian Solmecke erklärt.
In Deutschland: Anzeige wegen Upskirting schwierig
Ansatzpunkte im Strafgesetzbuch sind die Paragraphen 185 Beleidigung und 201a, die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen, so Solmecke. Vergangene Fälle haben aber gezeigt: Hier wird es kompliziert. Alle mögliche Faktoren spielen eine Rolle, ob jemand belangt werden kann. Wo wurden die Aufnahmen gemacht? Was genau zeigen sie? Und vor allem: wurden die Bilder anderen zugänglich gemacht?
"Das Fotografieren unter dem Rock ist noch keine Straftat, sofern die Fotos nicht an Dritte weitergegeben werden."
Bei einem Verdacht, dass ein Bild geteilt werden soll, greift das bestehende Gesetz. Dafür kann auch eine Freiheitsstrafe verhängt werden. Das Teilen der Fotos online und in den Social Media ist ziemlich weit verbreitet. Manchmal auch so, dass zu dem Upskirting-Foto die Frauen sogar zugeordnet werden können.
Unterlassen, Löschen, Schadensersatz
Dass solche Bilder jedoch überhaupt veröffentlicht werden, so weit will es eigentlich niemand kommen lassen. Was können wir also in der konkreten Situation tun - wenn etwas passiert und bevor Fotos weitergegeben werden?
"Ansprechen. Er muss es eigentlich löschen. Denn das ist eine Verletzung meines Persönlichkeitsrechts. Und macht er das nicht, dann hätte ich schon die Möglichkeit, ihn zivilrechtlich zu verklagen oder abzumahnen."
Zivilrechtlich gilt, dass schon irgendwelche unerwünschten Aufnahmen - unabhängig davon, ob sie intim sind oder nicht - eine Rechtsverletzung darstellen. Besonders geschützt sind Aufnahmen, die der Privat- und Intimsphäre einer Person zugeordnet werden. Die Folge wäre eine Unterlassungsklage; die Bilder müssten nachweislich gelöscht werden. Unter bestimmten Umständen haben Upskirting-Opfer auch einen Anspruch auf Schadensersatz.
Direkte Hilfe?
Der Handlungsrahmen in der Situation selbst ist recht eingeschränkt. Rein formal gilt: "Sache der Polizei ist es jedenfalls nicht, solche zivilrechtlichen Ansprüche zu verfolgen", so Rechtsanwalt Solmecke. Selbst wenn sie in der Situation spontan helfen sollten, wirklich etwas machen können sie nicht.
"Als Straftatbestand haben wir nichts im deutschen Gesetz, da gibt es eine gewisse Lücke."
Für Opfer solcher Übergriffe bleibt in der aktuellen Gesetzeslage nur, sich Hilfe von Umstehenden zu holen, die betroffene Person anzusprechen, sie zum Löschen aufzufordern und den Fall selbst zu dokumentieren. Für Rechtsanwalt Christian Solmecke steht fest, dass der deutsche Gesetzgeber hier nachbessern müsste. In Großbritannien zumindest stehen die Chancen für ein neues Gesetz wieder sehr gut.
Gesetz in Großbritannien noch erweitert
Den britischen Abgeordneten Chope, der nach eigener Aussage aus Verfahrensgründen gegen das Upskirting-Gesetz stimmte, erwischte in der Folge massive Kritik von allen Seiten.
Nun haben Chopes Parteikollegen reagiert: Sie wollen das Gesetz als eigenen Vorschlag einbringen und schnell durchsetzen. Übrigens mit einem erweiterten Vorschlag. Darin sollen die verurteilten Upskirter auf eine Liste von Sexualstraftätern ("sexual offenders") kommen.
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