VorsorgeuntersuchungHautkrebs-Screening: Nutzen ist nicht eindeutig belegt
Hautkrebs ist eine der häufigsten Krebsarten in Deutschland. Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der Todesfälle seit 2001 um 50 Prozent gestiegen. Und das, obwohl es mittlerweile Hautkrebs-Screening gibt. Was diese Vorsorgeuntersuchung wirklich bringt, ist nicht abschließend geklärt.
Bei einem Hautkrebs-Screening sucht ein Arzt oder eine Ärztin – mit einer entsprechenden Weiterbildung – nach verdächtigen Stellen, die auf schwarzen oder hellen Hautkrebs hinweisen könnten. Dazu wird die komplette Haut genau angeschaut. "Und mit komplett meine ich wirklich alles. Man muss sich dafür also nackig machen", beschreibt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Julia Demann die Untersuchung.
Rand und Farbe werden genau begutachtet
Wenn der Arzt oder die Ärztin eine Stelle findet, die irgendwie verdächtig aussieht, kommt oft das Dermatoskop zum Einsatz – ein kleines Mikroskop mit 10-facher Vergrößerung. Die Ärzt*innen gucken sich dann vor allem die Ränder des Muttermals an. Es geht darum, ob sie eine klare Grenze haben oder ausgefranst sind. Auch die Farbe spielt eine Rolle. Bei Verdachtsfällen folgt dann eine Biopsie.
"Wenn die Stelle auch unter dem Dermatoskop auffällig ist, wird eine Biopsie gemacht."
Warum in den vergangenen 20 Jahren mehr Menschen an Hautkrebs gestorben sind, ist nicht vollständig geklärt. "Es scheint auch mit der gestiegenen Lebenserwartung zu tun zu haben: Bei den jetzt älteren Menschen waren in jungen Jahren Sonnenschutz und die Risiken, die zu viel UV-Strahlung für die Haut mit sich bringt, noch nicht so populär", sagt unsere Reporterin.
Sonnenlicht als Risikofaktor für Hautkrebs
Sonnenstrahlung ist neben einer genetischen Veranlagung hauptverantwortlich für Hautkrebs. Das zeigt sich auch daran, dass die häufigsten Hautkrebs-Stellen die sind, die man nur schwer vor der Sonne schützen kann – also Gesicht und Hände.
In den meisten Fällen wird das Screening ab einem Alter von 35 Jahren von der Krankenkasse übernommen. "Es gibt einige, die das auch für unter 35-Jährige übernehmen. Und auch in kürzeren Abständen. Da muss man sich erkundigen", sagt Julia. Wenn die Kasse das Screening nicht übernimmt, bleibt die Möglichkeit, es selbst zu zahlen.
"Deutschland ist weltweit das einzige Land, in dem es dieses Screening gibt."
In einer großen Studie zum Hautkrebsscreening aus dem Jahr 2016 wurden Screening-Daten von zwei Millionen Untersuchten aus den Jahren 2005 bis 2012 analysiert: In 0,3 Prozent dieser Fälle war ein malignes Melanom gefunden worden (Schwarzer Hautkrebs) und in 2,5 Prozent der Fälle sogenannter heller Hautkrebs.
Neuere Studien gibt es dazu noch nicht, berichtet unsere Reporterin. Heißt: Obwohl Hautkrebs mit eine der häufigsten Krebserkrankungen ist, wird beim Screening offenbar sehr wenig gefunden.
Unklar, ob Hautkrebs-Screenings Todesfälle verhindern
Ob solche Screenings Todesfälle durch Hautkrebs verhindern, ist schwer festzustellen, denn man geht von einer gewissen Verzerrung aus: Zum Beispiel gehen vor allem gesundheitsbewusste Menschen zu dieser Art von Vorsorge-Untersuchung – also Menschen, die ohnehin gesünder leben, die sich des Krebsrisikos bewusst sind und daher vielleicht auch mehr auf guten Sonnenschutz achten.
Eine große Übersichtsarbeit aus den USA aus diesem Jahr (2023) wiederum findet keinen Zusammenhang zwischen einem Hautkrebs-Screening und einer verminderten Sterblichkeit. Eine Analyse des evidenzbasierten Forschungsnetzwerks Cochrane zeigt: Es ist nicht eindeutig.
"Auf Bevölkerungsebene kann man nicht sagen, dass das Screening wahnsinnig viel bringt. Ja, es wird mehr Hautkrebs diagnostiziert. Und wenn Hautkrebs früh erkannt wird, senkt das auch das Sterberisiko", so Julia Demann. Auf der anderen Seite gibt es auch Überdiagnosen, die psychisch belastend sein und zu Übertherapien führen können.
Menschen mit Risiko sollten zum Screening
Das Screening wurde bisher nicht abgeschafft, weil es in jenen Fällen, bei denen schwarzer Hautkrebs frühzeitig erkannt wird, doch einen Vorteil für die Behandlung bringt.
Fachleute halten es vor allem für sinnvoll, dass Menschen mit einem erhöhten Hautkrebsrisiko zum Screening gehen: Das sind Menschen mit familiärer Vorbelastung, ältere Menschen oder Menschen, bei denen schon früher verdächtige Hautstellen gefunden wurden oder die aufgrund Ihres Berufs oder Hobbys viel der Sonne ausgesetzt sind. Auch Menschen mit vielen großen Muttermalen oder sehr heller Haut gehören zu dieser Risikogruppe.