Vereine und GleichberechtigungUnterallgäu: Auch Frauen dürfen Forellen fangen
Beim Fischen zum Memminger Fischertag blieben Männer bislang unter sich. Nun sollen Frauen mitmachen dürfen, hat das Landgericht geurteilt.
Nein, der Memminger Fischertagsverein darf Frauen beim jährlichen Stadtfest in Memmingen nicht vom Forellenfischen ausschließen. Das hat das Landgericht Memmingen entschieden. Das Urteil könnte die Geschlechterregeln manches Vereins in Deutschland sprengen. Ähnliche Gleichbehandlungspflichten könnten auch beispielsweise auf Schützenvereine zukommen.
Der Memminger Fischertagsverein organisiert das große Volksfest und führt mit dem Ausfischen eine jahrhundertealte Tradition fort. In normalen Jahren besuchen tausende Menschen das Fest. Laut Vereinssatzung dürfen speziell beim Ausfischen nur männliche Mitglieder mitmachen. Eine weitere Bedingung: Die Männer müssen seit mindestens fünf Jahren ihren ersten Wohnsitz in Memmingen haben.
Juristische Niederlage des Vereins
Vereinsmitglied Christiane Renz hatte zunächst im Verein versucht zu erreichen, beim Ausfischen mitmachen zu dürfen. Weil sie damit keinen Erfolg hatte, ging sie vors Amtsgericht. Dort war sie zwar erfolgreich, aber der Fischertagsverein ging in Revision. So kam die Sache vor das Landgericht. Dieses hat nun die Niederlage des Vereins erneut bestätigt, eine weitere Revision allerdings zugelassen.
"Das Landgericht hat die Revisionsmöglichkeit in diesem Fall zugelassen, weil dieses Urteil sehr weitreichende Folgen für viele andere Vereine habe kann", erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Verena von Keitz.
Update vom 30.07.2021: Das Urteil ist rechtsgültig. Dder beklagte Fischertagsverein hat am Donnerstag, den 29.07.2021 mit deutlicher Mehrheit beschlossen, keine weiteren Rechtsmittel einzulegen.
"Wenn der Fischertagsverein nicht erneut in Berufung geht, dann darf sie beim Ausfischen mitmachen. Und das will sie auf jeden Fall auch tun."
Das Landgericht findet, die Vereinsziele erforderten grundsätzlich nicht, dass Frauen vom Ausfischen ausgeschlossen werden. Die Zwecke seien konkret: Heimatpflege, Heimatkunde, Kultur und Umweltschutz. Die Juristin Sarah Lincoln von der Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützt die Klägerin und erklärt den Gleichheitsgedanken des Urteils. Sie sagt: "Das Landgericht hat sich auf den vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt. Weibliche Vereinsmitglieder müssen genauso behandelt werden wie männliche. Es sei denn, es gibt einen sachlichen Grund."
Distanz zum Brauchtum
Durch Traditionspflege sei das Ausschließen von Frauen nicht zu begründen. Das Landgericht schreibt, dass sich der Verein schon davon entfernt habe, den Brauch des Ausfischens originalgetreu abzubilden. Niemand trage historische Kostüme. Außerdem treten bei einem anderen Fest, das der Verein ausrichtet, Frauen als Soldaten auf.
Historisch betrachtet, war das Ausfischen eine Arbeit und folgte wie eine Belohnung auf die unangenehme Reinigung des Baches. Beides wurde jahrhundertelang wohl fast ausschließlich von Männern übernommen.
"Früher ging es darum, den Stadtbach zu reinigen, weil der von Handwerksbetrieben in Memmingen verschmutzt wurde – also von Gerbern, Schlachtern und so weiter."
Unser Aufmacherbild zeigt Teilnehmer des Fischertages in Memmingen am 25.07.2015