GewaltkonflikteWir sind Teil des Problems
Auch wenn wir es nicht direkt merken: Unser Konsumverhalten beeinflusst indirekt Gewaltstrukturen weltweit. Für Sojamilch, Bananen und Smartphones werden Menschen gewaltsam von ihrem Land vertrieben und ausgebeutet. Und unser Desinteresse an der Wirtschaftslage im Nahen Osten bereitet den Nährboden, auf dem die IS ihre Ideologie baut: perspektivlose und verarmte Menschen.
In vielen Ländern der Welt ist offene Gewalt Teil des Alltags. Wir werden allerdings meist erst dann darauf aufmerksam, wenn es um einen konkreten Konflikt geht. Dann herrscht schnell die Meinung: "Da müssen wir doch was tun!". Doch wenn ein Konflikt erst einmal ausgebrochen ist, lässt er sich so schnell nicht wieder eindämmen, sagt Friedensforscher Tilmann Brück.
"Da ist über Jahre und Jahrzehnte ganz viel schief gegangen im Irak, in Syrien, im ganzen Mittleren Osten. Wir sehen jetzt das Ergebnis dieser langfristigen Entwicklung, da ist es natürlich schwierig, da kurzfristig entgegenzuwirken.“
"Wir müssen akzeptieren, dass schreckliche Sachen passieren"
Dem gewaltsamem Vormarsch der IS-Truppen haben wir nicht viel entgegenzusetzen. Die Organisation nutzt vor allem das Machtvakuum, das im Irak und in Syrien entstanden ist. Die Strukturen in diesen Ländern sind nach Jahren des Bürgerkriegs und dem Sturz der diktatorischen Machthaber stark geschwächt. Die Menschen in dieser Region haben wenig Hoffnung auf Besserung der Situation. Sie zu radikalisieren ist relativ leicht. Um diese Entwicklung zu unterbinden, hätte weit vorher eingegriffen werden müssen. Zum Beispiel, indem man die Strukturen dort vorsorglich gestärkt hätte.
"Wir müssen eine gewisse Demut entwickeln. Wir können nicht all das, was wir gerne sehen würden in der Welt auf Knopfdruck oder durch Luftwaffengebrauch herstellen."
Für ein solches Eingreifen ist es jetzt zu spät. Und für Tilmann Brück liegt der Ansatzpunkt für eine Lösung solcher Konflikte auch nicht im militärischen Eingreifen. Er plädiert dafür, nach langfristigen Lösungen zu suchen, und Institutionen zu stärken, die einem Land beim Aufbau von gesunden und stabilen Strukturen helfen.
Konsumverhalten stützt Gewaltstrukturen
Weit weniger präsent als der Krieg gegen den IS sind Gewaltkonflikte in anderen Ländern. Große Regionen im Kongo beispielsweise leiden unter Bandenkriminalität und Gewalt. Unterstützt werden diese Gewaltstrukturen mit Geld, das wir für unsere Smartphones bezahlen. Denn aus dem Kongo kommt ein Großteil der Seltenen Erden, die in unseren mobilen Lebensbegleitern verbaut sind.
Auch der Drogenkonsum der westlichen Welt trägt dazu bei, dass Gewalt und mafiöse Strukturen in anderen Ländern geschürt werden. Denn Drogenanbau, -besitz und -konsum sind illegal. Das macht Drogenhandel zu einem attraktiven Geschäft für Kriminelle. Sie lassen beispielsweise Mohn zu geringen Preisen in Entwicklungsländern anbauen, weil es dort nicht verboten ist. Bis zum Endverbraucher steigt der Preis enorm. Eine riesen Gewinnspanne lockt.