UmweltverschmutzungDeutschland produziert giftige Chemikalien für den Export
Welche Chemikalien innerhalb der EU verwendet werden dürfen, ist streng vorgegeben. Trotzdem produziert Deutschland tonnenweise schädliche Stoffe und verkauft sie ins Ausland. Die Chemikalien schaden der Umwelt in den Produktionsländern und auch uns.
Wenn es um den Umweltschutz geht, schauen wir in erster Linie darauf, was wir im Land besser machen können. Dann sind zum Beispiel der Verkehr oder die Energiewende im Fokus. Viele der Produkte stellen wir in Deutschland aber für den Export her – wie Chemikalien. Innerhalb der Europäischen Union (EU) ist der Einsatz schädlicher Chemikalien zwar stark reguliert und teilweise sogar verboten. Deutschland produziert allerdings Tonnen dieser Stoffe und verkauft sie außerhalb der EU.
Chemikalien in der Textilindustrie
Konkret geht es um Nonylphenole und Nonylphenolethoxylate, welche die Textilindustrie als Waschmittel oder sogenanntes Netzmittel einsetzt. Laut der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen hat Deutschland alleine 2019 knapp 800 Tonnen Nonlyphenole und 430 Tonnen Nonylphenolethoxlate ins Ausland exportiert.
Letzteres sorgt dafür, dass Textilien Wirkstoffe wie Imprägniermittel und Farbstoffe besser aufnehmen können, erklärt Anett Matthäi, Expertin für nachhaltige Textilien an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hof. Viele Unternehmen seien sich zwar bewusst, wie schädlich die Chemikalien sind, würden diese oft aber benutzen, weil sie günstig und wirksam seien.
Kommen die Chemikalien allerdings über das Abwasser in die Flüsse und Meere, wirken sie – schon bei den kleinsten Mengen – hormonell auf die Lebewesen dort ein, so das Umweltbundesamt. Fische zum Beispiel würden durch die Stoffe verweiblichen und sich nicht mehr fortpflanzen können.
Chemikalien: Über Kleidung zurück nach Deutschland
Durch den Export der Chemikalien fördert Deutschland einerseits ihr Vorkommen und verstärkt gleichzeitig auch die Umweltbelastung – außerhalb der EU und auch hierzulande. Denn: Die Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen zeigt, dass die schädlichen Stoffe unter anderen nach Südafrika, Sambia und Indien verkauft werden. Es ist denkbar, dass sie dort auch ins Abwasser kommen, sagt Wirtschaftsjournalistin Katja Scherer.
Sichtbar wird das in deutschen Gewässern: Obwohl die Verwendung von Nonylphenolen und Nonylphenolethoxylaten seit den 1990er-Jahren in der EU stark eingeschränkt ist, finden sich heute weiterhin Spuren der Stoffe in Flüssen und Co. Die Rückstände der Chemikalien gelangen vor allem durch das Waschen der importieren Kleidung dort hin, schreibt das Umweltbundesamt.
"Wenn dort in der Textilherstellung solche Stoffe zum Einsatz kommen, passiert es auch, dass wir die über den Import von Kleidung quasi auch wieder zu uns zurückholen."
Eine EU-Vorschrift, die in der Praxis hinkt
Ein grundsätzliches Verbot der Herstellung solcher Chemikalien scheint allerdings unwahrscheinlich. Die Stoffe kommen nämlich auch in anderen Bereichen zum Einsatz wie der Produktion von Lacken und Klebstoffen.
Expertinnen und Experten fordern, sie vor allem dort zu verbieten, wo sie ins Abwasser gelangen könnten – wie bei Kleidung, die regelmäßig gewaschen wird. Seit Februar 2021 soll eine EU-weite Vorgabe den Import von Kleidung regeln, die mit solchen Stoffen behandelt wurden. Diese darf nur dann in die EU kommen, wenn sie eine sehr geringe Menge der Schadstoffe enthält.
"Es bräuchte mehr Kontrollen und mehr Personal. Jetzt ist die gesamte Überprüfung der Waren gar nicht möglich."
Mit dem sogenannten "Strategischen Ansatz" zum internationalen Chemikalienmanagement hat sich die internationale Staatengemeinschaft zwar schon vor einigen Jahren um einen besseren Umgang mit den schädlichen Chemikalien bemüht, ihre eigenen Ziele bislang aber nicht erreicht.
Unabhängig davon plant die EU, den Export von solchen Chemikalien in Zukunft stärker einzuschränken.