Umweltkatastrophe in BrasilienAmazonasbecken: Brände anscheinend ausgeweitet
Im brasilianischen Regenwald wüten die Feuer. Nach wie vor - und scheinbar stärker als zuvor. Wie laufen die Löscharbeiten, und wie wird das Thema in Brasilien diskutiert? Der Journalist Philipp Lichterbeck lebt in Rio de Janeiro und bringt uns auf den neusten Stand.
Der Regenwald in Brasilien speichert CO2. Damit erfüllt er eine Funktion, die für alle Menschen dieser Erde, für die gesamte Welt wichtig ist. Denn die Brände im Regenwald könnten verheerende Folgen haben. Vor einigen Wochen haben alle Medien darüber berichtet, danach wurde es ruhiger.
"Die Brände haben sich scheinbar sogar noch ausgeweitet."
Die Brände im Amazonasgebiet sind nicht nur noch immer nicht eingedämmt. Sie haben scheinbar sogar zugenommen, sagt der Journalist Philipp Lichterbeck, der in Rio de Janeiro lebt. Das brasilianische Weltrauminstitut INPE habe zwischen dem 1. und 10. September etwa 13.500 Feuer im Amazonasbecken gezählt. Hochgerechnet auf den Monat käme man so auf ca. 40.000 Feuer. Im gesamten August, also zum (medialen) Höhepunkt der Krise, waren "nur" 30.000 Feuer verzeichnet worden.
Brände sind nicht unter Kontrolle
Nach wie vor seien Löschflugzeuge des brasilianischen Militärs im Einsatz, dazu Feuerwehrleute und Soldaten am Boden. Chile habe vier Löschflugzeuge geschickt, und auch einige indigene Gruppen seien an den Löscharbeiten beteiligt. Was es aber eben nicht gebe, sei eine große nationale Anstrengung, eine konzertierte Aktion, bei der viel Geld und Manpower eingesetzt wird. Insgesamt sei das alles nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein, so Philipp Lichterbeck.
"So eine große nationale Anstrengung sehe ich nicht. Mir scheint es eher, dass die Regierung ihr ramponiertes Image verbessern will."
Die brasilianische Regierung von Präsident Bolsonaro halte rhetorisch an ihrer Strategie fest, berichtet Lichterbeck: Entweder sie sage, die Feuer fänden gar nicht statt oder die Brände seien nicht so schlimm. Auf jeden Fall mache sie immer wieder klar, dass sich Brasilien eine Einmischung von außen verbitte.
Bolsonaro will keine Einmischung von außen
Gegen die Verursacher der Brände werde quasi nicht ermittelt, sagt Lichterbeck. Ihm sei ein einziger Fall bekannt, bei dem sich 70 Geschäftsleute, Spekulanten und Viehzüchter zusammengetan haben, um Brände zu legen. Das war bekannt geworden, weil sie sich über Whatsapp verabredet hatten. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen sie.
Bis jetzt habe es aber keine einzige Verhaftung gegeben. Vielsagend sei auch, dass zu dieser 70er-Gruppe Männer gehören, die schon seit mehreren Jahren im Gefängnis sitzen sollten - ebenfalls wegen Brandstiftungen, also schwerer Umweltverbrechen. Das habe damit zu tun, so Lichterbeck, dass die eigentlich strengen Gesetze in Brasilien nicht konsequent umgesetzt werden.
"Die eigentlich strengen Gesetze werden in Brasilien teilweise nicht umgesetzt."
An verlässliche Informationen zu kommen, sei nicht einfach, berichtet der Journalist. Die Daten des Weltrauminstituts INPE seien da eine Ausnahme. Schwer sei es aber vor allem mit den Infos aus dem riesigen Regenwaldgebiet selbst, vom Boden. Hier sei man auf Tweets und Posts von Umweltschützern oder indigenen Gruppen angewiesen.
Macht der brasilianischen Medien
Die großen brasilianischen Medienhäuser seien alle weit vom Amazonas entfernt, vor allem in Rio und Sao Paulo.
"Wenn die Medien die Brände nicht mehr nach vorne setzen, dann verschwinden sie immer mehr auch aus der brasilianischen Öffentlichkeit - und der internationalen Berichterstattung."
Wenn diese Medien sich nicht mehr für ein Thema interessierten, dann verschwinde es auch aus der brasilianischen Öffentlichkeit, warnt Philipp Lichterbeck. Momentan seien andere Themen wieder wichtiger geworden – und genau das spiegele sich dann auch wider in der internationalen Berichterstattung.