UmarmenCorona-Abstand: Berührungen fehlen
Eine Umarmung zur Begrüßung oder als Dankeschön oder ein tröstendes Streicheln – das alles sind in Zeiten der Corona-Pandemie keine guten Ideen. Warum uns Berührungen jetzt so sehr fehlen, ist Thema in dieser Ausgabe von Ab 21.
Carmen ist Studentin in Halle und lebt in einer WG, in der auch ihr Partner wohnt. Trotzdem ist Berührungsmangel für sie ein großes Thema, und zwar dann, wenn Freundinnen und Freunde sich an die Abstandsregeln halten und sie deshalb nicht in den Arm nehmen. Sie sagt: "Das kränkt mich, weil das mein menschliches Bedürfnis ist."
Profi-Kuschlerin: Berührungen selbst schaffen
Alexandra Ueberschär ist nach eigener Bezeichnung "Kuscheltherapeutin" und hat 2019 zusammen mit einer Kollegin eine Kuschelpraxis in Hamburg aufgemacht. Vor Corona wurde dort an Kuschelabenden in der Gruppe oder bei Einzelterminen mit einer Therapeutin gekuschelt, nun hat die Praxis seit zwei Monaten zu.
Das Team hat deshalb eine Meditation entwickelt, die die mangelnde Nähe zu anderen Menschen während der Corona-Pandemie, aber auch sonst immer, ausgleichen soll. Dabei gehe es darum Geist und Körper zusammenzubringen und zu lernen, wie wir uns durch Selbstberührungen ein gutes Gefühl geben könnten, sagt Alexandra Ueberschär. Genau das hätten wir als Menschen nämlich verlernt.
"Selbstberührung passiert eigentlich nur im erotischen Kontext, aber für die Beziehungspflege zu uns selbst würden uns die Role-Models fehlen."
Elisabeth von Thadden ist Autorin des Buchs "Die berührungslose Gesellschaft" und sie hat sich schon vor der Corona-Pandemie Gedanken gemacht, wie wichtig und sogar unersetzbar Berührungen für uns sind. Sie sagt: "Die Biochemie der Berührung ist durch nichts ersetzbar."
Wenn wir andere Menschen nicht sehen und nicht berühren dürfen, dann führt das zu Einsamkeit. Laut einer vom Cybersicherheitsunternehmen Kaspersky in Auftrag gegebenen repräsentativen Onlineumfrage fühlten sich 48 Prozent der Befragten während der strengen Phase der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen zumindest gelegentlich einsam. Im europäischen Durchschnitt waren es 52 Prozent.