Ukrainer*innen in DeutschlandWie der Krieg unser Leben verändert hat
Kseniia und Wlad sind zwei von rund einer Million Ukrainer*innen, die nach der russischen Invasion nach Deutschland geflohen sind. Sie erzählen von Ängsten, Neuanfängen – und der Hoffnung, irgendwann in die Ukraine zurückzukehren.
Krieg herrscht in der Ukraine schon lange: Seit zehn Jahren kämpft die Ukraine um den Donbass. Doch seit dem 24. Februar 2022, als Russland auf breiter Front in das Nachbarland einmarschierte, hat sich der Krieg auf große Teile des Landes ausgebreitet. Über zehntausend Zivilisten sind nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) gestorben. Und Millionen sind geflohen – darunter auch Kseniia.
Das bisherige Leben: plötzlich weg
Anfangs, erzählt sie, wollten sie und ihre Familie nicht wahrhaben, dass wirklich Krieg sein könnte. Doch nach einer Woche sei ihnen dann klar geworden: Der Angriff, die Besetzung, die Bombenangriffe werden so schnell nicht aufhören. Sie beschlossen zu fliehen – und entschieden sich für Deutschland, weil sie hier Verwandte haben.
"Damals wussten wir gar nicht, was passiert. Damals konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass ich in Deutschland leben werde. Ich hatte einfach nur Angst."
Sie hat sich ziemlich schnell in Deutschland eingelebt, berichtet Kseniia: In kurzer Zeit lernte sie fließend Deutsch – inzwischen gibt sie sogar Deutschkurse für Ukrainer*innen. Sie studiert Politik und Rechtswissenschaften an der Uni Bonn, hat einen Freundeskreis und einen Freund.
Zunächst will Kseniia ihr Studium beenden, danach kann sie sich vorstellen – je nachdem wie die Lage in der Ukraine sein wird – zurückzugehen.
Ukrainische Männer und der Militärdienst
Für Wlad gestaltet sich die Lage anders als für Kseniia – als Mann kann er nämlich eingezogen werden. Noch gilt das für ihn allerdings nicht, weil er unter 25 ist und studiert.
Aber es ist eine Option für ihn – zumindest das militärische Training kann er sich vorstellen, hat er uns erzählt. Am liebsten würde Wlad aber vor Ort etwas für die ukrainische Zivilgesellschaft machen.
"Ich weiß von Leuten in meinem Alter, die an der Front gestorben sind. Das ist eine Katastrophe."
Krieg verändert Blick aufs Leben
Wlads Vater ist vor einem Jahr, Anfang 2023, in die ukrainische Armee eingezogen worden. Seitdem war er fast pausenlos im Einsatz. Vater und Sohn kommunizieren selten miteinander – und wenn sie es tun, nutzen sie dafür ein verschlüsseltes Netz.
"Mein Vater erzählt schlimme, grausame Sachen. Ich versuche, damit klarzukommen."
Wlad spricht offen darüber, wie sehr der Krieg in psychisch belastet:
- über die Lebensgefahr, der sein Vater ausgesetzt ist
- über die Herausforderung, ein Leben in einem neuen Land aufzubauen
- über den Wunsch – vielleicht sogar die Pflicht oder zumindest das Pflichtgefühl – in die Ukraine zurückzukehren
"Der Krieg hat mir beigebracht, nicht zu weit in die Zukunft zu planen."
Doch das Leben, wie es einmal war, existiert nicht mehr.
Wlad und Kseniia haben sich ein neues aufgebaut – und das, obwohl sie wissen: Die Zukunft ist ungewiss.