UkraineWas bringt Selenskyjs Siegesplan?

Ein Siegesplan soll dafür sorgen, dass die Ukraine gegen Russland gewinnt. Präsident Selenskyj möchte zum Beispiel die Erlaubnis, mit westlichen Waffen Ziele in Russland zu beschießen. Was bringt das? Und was erhoffen sich davon die Menschen in der Ukraine?

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist auf Werbetour in den USA für seinen "Siegesplan". Die wichtigsten Punkten sind:

  • mehr Waffen für die Ukraine, auch für Angriffe auf Ziele tief im russischen Gebiet
  • ein baldiger NATO-Beitritt für die Ukraine

Selenskyj traf US-Präsident Joe Biden, ebenso Kamala Harris und Donald Trump. Die beiden treten gegeneinander bei der US-Präsidentschaftswahl im November an. Trump warf Selenskyj vor, er wolle keinen "Deal" mit Russland.

Nicht allein in den USA wird über den "Siegesplan" diskutiert. Auch in Europa und natürlich in der Ukraine.

Mehr Waffen und ein Nato-Beitritt

"Im Allgemeinen unterstützen wir alle natürlich, dass Selenskyj von den Verbündeten mehr Waffen fordert", sagt die Ukrainerin Anna Kosjuchenko. Sie ist Journalistin und lebt in Kiew. Sie hält beide Forderungen für wichtig, damit der Krieg bald endet.

"Russland beschießt ständig die Ukraine. Wir müssen darauf reagieren. Und leider versteht Russland nur die Sprache der Gewalt."
Anna Kosjuchenko, Journalistin, Kiew

Der NATO-Beitritt soll Sicherheit bringen, wenn der Krieg endet. Denn: "Wir haben eine gemeinsame Grenze mit Russland. Und egal wie dieser Krieg endet, sie werden immer versuchen, uns zu zerstören", sagt Anna Kosjuschenko.

Dass die erneute Forderung nach einer NATO-Mitgliedschaft diesmal erfolgreich ist, bezweifelt unser Russland-Korrespondent Florian Kellermann. "Das wird auf absehbare Zeit nicht passieren." Dafür seien die Widerstände innerhalb der NATO zu groß. Doch wichtig seien Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Damit nach einem Frieden, Russland nicht erneut angreife.

Die Ukraine braucht Sicherheitsgarantien

Florian Kellermann bewertet die Wirkung des "Siegesplans" als eher begrenzt. "Es ist ja auch nicht so viel Neues drin." Der Plan fasse zusammen, was die Ukraine seit zweieinhalb Jahren immer wieder fordert. Selenskyj versuche, sein Land in der Diskussion zu halten. Denn wenn die Aufmerksamkeit abnimmt, dann womöglich auch die internationale Unterstützung. "Deswegen kommt Selenskyj mit immer neuen Initiativen, auch wenn sie nicht wirklich Neues beinhalten", sagt Florian Kellermann.

"Wenn nicht mehr über die Ukraine geredet wird, dann wird die Unterstützung zurückgehen."
Florian Kellermann, Deutschlandfunk Nova

Derweil geht der Krieg in der Ukraine weiter. Anna Kosjuschenko wird ein bis zwei Mal die Woche nachts von Sirenen geweckt. Sie sucht dann Schutz in der nächsten U-Bahnstation. "Ich habe mir einen Schlafsack gekauft und nehme ihn mit", erzählt sie. "Am Morgen gibt es Kaffee oder Tee und dann gehen wir zur Arbeit. So ist unser Alltag." Ein Alltag, der für Menschen in den Grenzgebieten noch viel gefährlicher ist als in Kiew.

Putin passt Atomwaffen-Doktrin an

Für Anna Kosjuschenko ist wichtig, dass die Ukraine mehr Waffen bekommt. Auch wenn Russlands Präsident immer wieder rote Linien ziehe. Zuletzt hatte Wladimir Putin die Doktrin zum Einsatz von Atomwaffen erweitert und damit der Ukraine sowie den westlichen Verbündeten gedroht.

"Wir glauben nicht an diese roten Linien von Putin."
Anna Kosjuchenko, Journalistin, Kiew

Für Florian Kellermann ist Moskaus Drohung quasi ein Kommentar zum US-Wahlkampf. Donald Trump mache Stimmung gegen Kamala Harris: Indem sie der Ukraine helfe, strebe sie auf einen dritten Weltkrieg zu, so der Vorwurf Trumps. "Wenn Russland jetzt die Atomdoktrin verschärft, verschafft sie diesen Aussagen von Trump noch einmal mehr Glaubwürdigkeit", sagt Florian Kellermann. Und der Kreml sehe gerne Donald Trump nach den Wahlen im Weißen Haus.

Die Drohungen aus Moskau sind nicht neu, aber sie haben Wirkung, von Anfang an. Nämlich: "Dass die Ukraine immer nur so Schritt für Schritt unterstützt worden ist", sagt Florian Kellermann. "Das ist aus meiner Sicht ein vorsichtiges Vorgehen, das dem geschuldet ist, dass Russland Atomwaffen hat und mit ihrem Einsatz droht."

Ein Argument, dass nun von Donald Trump im Wahlkampf genutzt wird.