Zerstörtes LandUkraine: Raven für den Wiederaufbau

Ständig Luftalarm, Stromausfall und schlechte Nachrichten: Es ist die schwerste Zeit seit dem russischen Großangriff auf die Ukraine, sagt Dmytro. Mit Freiwilligen und der Organisation Repair Together baut – und feiert – er dagegen an.

Schon im April 2022 hat sich Dmytro Kyrpa aufgemacht, um in der ukrainischen Region Tschernihiw nördlich von Kiew zusammen mit Freiwilligen Hilfe beim Wiederaufbau zu leisten. Die Organisation, deren Mitgründer der heute 36-jährige ist, heißt Repair Together. "Fast ein Drittel der Häuser in den Dörfern wurde komplett zerstört, zum Beispiel Fenster und Dächer", erinnert sich der Informatiker.

Erst Befreiung, dann Wiederaufbau

Nachdem russische Truppen Tschernihiw im Februar 2022 überfallen und teilweise besetzt hatten, ist das Gebiet von der ukrainischen Armee befreit worden. Doch die Besatzer und die Kämpfe mit ihnen haben materielle und psychische Schäden angerichtet, sagt Dmytro.

"Reparaturen sind wichtig, aber diese persönliche Verbindung ist am wichtigsten."
Dmytro Kyrpa, Mitbegründer der Organisation Repair Together

Die Freiwilligen rund um Dmytro Kyrpa haben sich regelmäßig wöchentlich aufgemacht, um die zerstörten und beschädigten Gebäude zumindest teilweise wiederherzustellen und erneut bewohnbar zu machen. Rasch haben sie diese Arbeit mit kulturellen Ereignissen verbunden. Eine Verbindung, die Dmytro Kyrpa zwingend findet, "damit die Leute sich nicht nur auf die Kriegsthematik fokussieren."

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Sie haben bislang 180 Häuser aufgeräumt, über 60 Häuser repariert und bauen 16 neue Häuser für Leute, die noch obdachlos sind, erzählt Dmytro (Stand: 11.06.2024). Bei allen Erfolgen im Kleinen bleibt bei ihm die Enttäuschung, dass das Kriegsende noch immer nicht in Sicht ist.

"Im Vergleich zum letzten Jahr habe ich eine gewisse Enttäuschung, weil ich nicht fühle, dass der Krieg sehr bald zu Ende ist."
Dmytro Kyrpa, Mitbegründer der Organisation Repair Together

Auch bei Wolodomir Selenskys Besuch in Deutschland am 12.06.2024 ging es um Wiederaufbau – und um eine bessere Ausstattung des Landes mit westlichen Waffen. Unter anderem ging es um ein weiteres Patriotsystem zur Abwehr von Luftangriffen und vor allem auch um weitere Munition für dieses defensive System.

Weniger Zerstörung durch mehr Luftabwehr

Der Zusammenhang zwischen weniger Zerstörung durch mehr Luftabwehrsysteme erschließe sich unmittelbar, findet Rebecca Barth. Sie berichtet als ARD-Korrespondentin aus der Ukraine. Beispielsweise in Charkiw, der zweitgrößten Stadt in der Ukraine. "Die ist nahezu schutzlos. Da merkt man, was ein Patriot-Flugabwehrsystem wirklich konkret bringen kann, damit die Zerstörung nicht noch größer wird", sagt sie.

Infrastruktur nicht mehr intakt

Sie erinnert daran, dass die russische Armee zwei große Wärmekraftwerke und auch Wasserkraftwerke zerstört hat. Das sind also erhebliche Schäden an der Energie-Infrastruktur. Die Folge ist, dass viele Menschen jetzt schon Angst vor dem nächsten Winter haben, sagt die Journalistin.

"In Kiew ist ein Kraftwerk massiv zerstört worden. Es ist mit elf Raketen angegriffen worden: Sieben konnten abgefangen werden, und dann war eben Schicht im Schacht."
Rebecca Barth, ARD-Korrespondentin für die Ukraine mit Sitz in Kiew

Neben der Zerstörung der Infrastruktur weist sie auf die vielen Menschenleben hin, die von der Zerstörung und Beschädigung ihrer Häuser und Wohnungen betroffen sind. Vielen fehlten schlicht die Mittel dazu, sich ein Leben an einem anderen Ort aufzubauen.

Gegen die Machtlosigkeit

Mit neuen Fenstern, Dächern, Leitungen und Mauern hilft Repair Together nicht nur den betroffenen Menschen, findet Dmytro Kyrpa. Die Helferinnen und Helfer könnten so auch dem eigenen Gefühl der Machtlosigkeit und Vereinzelung entkommen.

"Diese Community hilft uns in erster Linie, weil wir fühlen, dass wir jemandem helfen können und internationale Solidarität fühlen. Und das unterstützt uns alle."
Dmytro Kyrpa, Mitbegründer der Organisation Repair Together