Debatte um §219aÜber den Abbruch einer Schwangerschaft informieren
Es ist eine hochemotionale Debatte, wenn es um Schwangerschaftsabbruch und das Werbeverbot geht. Eine Stunde Liebe widmet sich dem Streit um Paragraf 219a. Wir schauen auf die politische Debatte und sprechen auch mit der Frau, die sie ins Rollen gebracht hat. Darüber hinaus geht es auch um eine Beratungsstelle für Frauen, die nach einer Abtreibung leiden.
Bundesweit sorgte ein Urteil des Gießener Amtsgerichts im November 2017 für Schlagzeilen: 6000 Euro Strafe für die Ärztin Kristina Hänel, weil sie auf der Internetseite ihrer Praxis aufgeführt hat, dass sie Schwangerschaftsabbrüche anbietet. Das ist gesetzlich verboten und fällt unter Paragraf 219a des Strafgesetzbuches. Dabei gibt Hänel vor, dass sie Frauen nur ausreichend informieren will.
Das ist auch die Forderung ihrer Online-Petition, die mehr als 155.000 Unterstützerinnen und Unterstützer hat. Hänel übergibt die Unterschriften im Dezember Bundestagsabgeordneten der FDP, Grünen, Linken und auch der SPD – verschiedenen Politikerinnen wollen sich zunächst für eine parteiübergreifende Lösung einsetzen.
"Welches Frauenbild verbirgt sich eigentlich dahinter, wenn behauptet wird, dass eine Frau sich aufgrund von Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet? Das ist doch komplett irre! Ich kenne keine Frau, die sagen würde: Was für eine coole Werbung, ich mach jetzt mal einen Schwangerschaftsabbruch!"
Doch angekommen in der Großen Koalition zieht die SPD ihre Forderung, den Paragrafen zum Werbeverbot zu streichen, aus Rücksicht auf die Union zurück.
"Wir haben im Moment eine Gesellschaft, wo wir die Werbung von Tabak verbieten wollen, aber die Werbung vom Abbruch der Schwangerschaft wollen wir jetzt wieder legalisieren - das verstehe wer will!"
Aktuell arbeitet Justizministerin Katharina Barley an einem neuen Regelungsvorschlag. Auch wenn die politische Debatte ins Stocken geraten ist, gesellschaftlich wird weiter gestritten.
In Eine Stunde Liebe stellt sich die Gießener Ärztin Kristina Hänel den Argumenten von Abtreibungsgegnern. Beispielsweise dem auch von der Union vorgebrachten Einwand, eine neue Gesetzeslage könnte dazu führen, dass Frauen leichtfertiger Schwangerschaftsabbrüche durchführen lassen würden.
"Wir haben Untersuchungen weltweit, die zeigen immer wieder das Gleiche: In dem Moment, wo wir eine liberale Gesetzgebung haben, wo wir guten Zugang zu Verhütungsmitteln haben, wo die Gleichberechtigung der Geschlechter da ist, haben wir weniger Abtreibungen. Jeder, der möchte, dass wir weniger Abtreibungen haben, der muss diesen Weg gehen."
Für Kristina Hänel steht fest: Sie will die juristischen Mittel bis zum Ende ausschöpfen.
Darüber hinaus ist Tirza Schmidt zu Gast in der Sendung. Die ausgebildete Hebamme hat in Bochum eine Beratungsstelle gegründet, die sich an Frauen wendet, die eine Schwangerschaft abgebrochen haben - und den Schritt bereuen.
"Ich finde, dass wir generell laut über einen Schwangerschaftsabbruch debattieren, dass wir gleichzeitig kollektiv schweigen über das Danach und teilweise auch dann still und einsam leiden."
- "Wieso wird es Frauen so schwer gemacht?" | Elisa und Marie sind bei den "Medical Students for Choice" aktiv. Sie setzen sich dafür ein, dass Frauen beim Thema Abtreibung endlich die Wahl bekommen.
- Wenn Ärzte sich strafbar machen | Für Frauen ist der Schwangerschaftsabbruch eine Belastung - für Ärzte eine Grauzone.
- "Abtreibung braucht keine strafrechtliche Regelung" | In Nordirland gilt eines der härtesten Abtreibungsverbote Europas. Jetzt wird dieses Verbot vor dem obersten britischen Gericht verhandelt.