Das UnbewussteSind Träume nur Schäume?
Ja, würden Neurologen sagen, denn sie sehen in unseren Träumen nur unsinnigen Abfall unserer Hirnaktivitäten im Schlaf. Dagegen sind für Psychoanalytiker Träume alles andere als Schäume, sondern ein Ausdruck unbewusster Konflikte.
Etwa um das Jahr 1900 ist Sigmund Freuds "Traumdeutung" erschienen. Der Verkauf verlief zunächst mehr als schleppend, später wurde das Werk zum Weltbestseller.
Mit der Entdeckung des REM-Schlafs, den Neurowissenschaftler gleichsetzen mit der Traumphase, reduzierten die Forscher das Träumen auf eine reine Hirnaktivitäten. Die psychologische Bedeutung von Träumen vernachlässigen sie. Träume werden von Neurologen als sinnlose Hirnaktivitäten abgetan. Aus dem physiologisch erzeugten Unsinn versuche unser Bewusstsein einen Sinn herauszulesen, den es aber nicht gäbe, erklärt der Psychoanalytiker Eckehard Pioch den Ansatz.
Traumdeutung bleibt wichtiges Instrument der Psychoanalyse
Damit wurde ein Kernstück der Psychoanalyse, die Traumdeutung, als erledigt erklärt. Im Gegensatz dazu erleben die Psychoanalytiker nach wie vor, so Eckehard Pioch, dass die Auseinandersetzung der Patienten mit ihren Träumen zu einem tieferen Verständnis ihrer unbewussten Konflikte führt und so zur Heilung ihrer neurotischen Leiden entscheidend beiträgt.
"Der Traum ist die verkleidete Erfüllung eines unterdrückten, verdrängten Wunsches."
Daher sieht der Psychoanalytiker Eckehard Pioch Freuds Analysen bestätigt. Aktuelle Forschungsergebnisse der Neurobiologie stützen die psychoanalytische Auffassung von Träumen, wie sie auf Freud zurückgeht.
Sechs Jahre träumen am Stück
Neuere Ergebnisse der psychologisch-empirischen Forschung bestätigen, dass träumen - zumindest hinsichtlich seiner Erscheinungshäufigkeit - von erheblicher Relevanz ist, erklärt Eckehard Pioch. Wir träumen öfter, als bisher angenommen wurde. Allein das typisch bildliche Träumen beansprucht, wenn ein Mensch circa 70 Jahre alt wird, etwa sechs Jahre seines Lebens. In dieser Zeit träumt der Mensch rund 150.000 Träume, erläutert Eckehard Pioch.
"Königsweg zur Kenntnis des Unbewussten im Seelenleben"
Eckehard Pioch hielt am 10. Mai 2014 seinen Vortrag im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften in Berlin am Institut für Psychotherapie, dem IfP in Berlin. Darin setzt er sich mit den Fragen auseinander: Warum träumen wir - und was ist die Funktion unserer Träume? Wie werden Träume innerlich gebildet? Welche Bedeutung hat ein Traum? Nach Freud ist die Deutung der Träume der "Königsweg zur Kenntnis des Unbewussten im Seelenleben". Der Traum bildet demnach einen Kompromiss zwischen verdrängten Triebwünschen, die während des Schlafens relativ ungehemmt aufkommen und dem Bedürfnis des Träumers nach ungestörtem Schlaf.
"Für Freud war das entscheidende Merkmal des dynamischen Unterbewussten, dass es bevölkert ist von infantilen Triebwünschen, die im Wachzustand für das Ich unannehmbar sind."
DRadio Wissen-Reporterin Almuth Knigge hat zudem die Probe aufs Exempel gemacht. Sie ist mit einem ihrer Träume zum Traumdeuter gegangen. Nach Lübeck zu Stephan Siddharta Schumann.