Dokumentarfilm "The Cleaners"Der Facebook-Müll landet auf den Philippinen
Es ist eine Art Müllverbrennungsanlage für Social-Media-Schrott, die Hans Block und Moritz Riesewieck in ihrer Dokumentation "The Cleaners" in den Blick nehmen. Sogenannte Content-Moderatoren sortieren Spam, Pornografie, Gewalt und anderes aus.
Diese Content-Moderatoren sind nicht direkt bei Facebook angestellt, sondern bei Subunternehmen, die die Aufräumarbeiten für Facebook, Google oder Twitter übernehmen. "Sie sichten acht bis zehn Stunden pro Tag tausende Bilder, Videos, Postings aus der ganzen Welt", sagt Hans Block.
Gewalt, Pornos, Nazisymbole bei Facebook
Es seien vor allem junge Leute, die gerade ihren Collegeabschluss gemacht haben. "Für die ist das erstmal ein gutes Angebot. Es geht um Tech-Firmen, große Konzerne stehen dahinter," erklärt Moritz Riesewieck. Er und Hans Block haben einige Mitarbeiter begleitet.
Eigentlich aber dürfen diese nicht über ihre Arbeit sprechen. Entsprechend schwer war es zu Beginn Kontakt aufzunehmen.
"Das trifft aber nicht auf das zu, was sie machen. Es ist der dreckigsten Job des Internets unserer Zeit, diese Bilder auszusortieren."
Erst vor Ort haben die beiden Filmemacher es geschafft, sich langsam ein Netzwerk aufzubauen. Während der Dreharbeiten kündigten einige Content-Moderatoren ihren Job, andere wurden anonymisiert. So konnten sie ins Gespräch kommen, wie die outgesourcte Social-Media-Müllabfuhr funktioniert.
So würden die Mitarbeiter in einem etwa halbtägigen Workshop in den wichtigsten Indikatoren für missbräuchliche Inhalte geschult, etwa Nazikürzel, erklären die Filmemacher. Was sie dann bei der Arbeit sehen müssten, sei hart: "Vergewaltigung an Kindern, an Tieren bis hin zu Terrorvideos und Enthauptungen, Propaganda aus aller Welt."
Mission und Trauma
Für viele Mitarbeiter eine traumatisierende Erfahrung, so die Filmemacher: "Das hinterlässt Spuren." Sie sagen, so versuchen einige Mitarbeiter ihrer Aufgabe auch eine größere Bedeutung zu geben. 90 Prozent der Philippinos sind Katholiken, die meisten praktizieren einen eher strengen Glauben. Für einige sei der Job eine Art Unterstützung "die Welt von Sünden zu befreien".
Wenige Sekunden bleibe ihnen bei Bildern, zu entscheiden, ob ein Inhalt gelöscht werde. Wenige Minuten, um Videos zu beurteilen - übrigens ohne vorzuspulen oder zu skippen, so beschreiben es die Filmacher. So soll verhindert werden, dass ein problematischer Inhalt übersehen wird. Der Druck auf die Mitarbeiter ist hoch. Sie haben Angst vor Fehlern, die den Job riskieren könnten. Die Bezahlung ist gering.
Selbst anpacken
Social-Media-Verweigerer sind Hans Block und Moritz Riesewieck nach diesem Film nicht geworden. Für sie aber war es eine Erkenntnis, wie groß tatsächlich die digitale Welt geworden ist und wie viele beispielsweise rechtliche Regelungen hier fehlen.
"Wir müssen einfordern, diese digitale Welt ernst zu nehmen und hier eine viel stärkere Verantwortung einzubeziehen."
Dazu gehöre auch unsere Position als "User", denn wir sind nicht nur simple Konsumenten, meint Moritz Riesewick, sondern wir müssten noch aktivere Demokraten und Demokratinnen werden.
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