Textilarbeit in Bangladesch 2018Gebäude sicherer, Arbeitsbedingungen noch schlechter
Vor fünf Jahren ist in der Stadt Sabhar in Bangladesch das achtstöckige Textilfabrik-Hochaus Rana Plaza eingestürzt. Mehr als 1100 Arbeiter sind gestorben, rund 2500 wurden verletzt. Es war der schwerste Fabrikunfall in der Geschichte des Landes. Was hat sich seitdem getan?
Bangladesch zählt zu den ärmsten Ländern des asiatischen Kontinents. Die Textilindustrie macht zehn Prozent des Bruttoinlandprodukts aus, 75 Prozent aller Exporte des Landes sind Textilien, vier Millionen Menschen arbeiten im Textilsektor.
Gebäudesicherheit wurde verbessert
Nach der Katastrophe vom 24. April 2013 ging ein Aufschrei durch die Welt. Der Druck war sehr hoch – und zwang die Textilindustrie zum Handeln, erinnert sich Gisela Burckhardt. Sie arbeitet für die Kampagne für Saubere Kleidung, ein Netzwerk, das sich für die Rechte der Arbeiter in den Lieferketten der internationalen Modeindustrie einsetzt. Die Kampagne ist Teil des internationalen Netzwerks der Clean Clothes Campaign (CCC).
"Was die Sicherheit der Gebäude betrifft, hat sich viel getan. Rund 1600 Fabriken sind auf Feuerschutz, Statik und Elektrizität überprüft worden."
Eine Verbesserung: Das Brandschutzabkommen "Accord" wurde geschaffen. Rund 220 vor allem europäische Unternehmen haben es zusammen mit Gewerkschaften ausgehandelt, erklärt Gisela Burckhardt.
- 1600 Lieferanten in Bangladesh müssen jetzt kontrolliert werden
- Accord hat etwa 100 qualifizierte Ingenieure neu eingestellt, die die Kontrollen in den Fabriken übernehmen
"Das System ist transparent: Man kann den Namen der einzelnen Fabriken eingeben und sich anzeigen lassen, wie weit die Verbesserungen dort jeweils fortgeschritten sind."
Bei den Arbeitsbedingungen hat sich nichts getan
Das große Problem: Accord bezieht sich nicht auf die Arbeitsbedingungen vor Ort.
"Die Arbeitsbedingungen sind sogar eher schlechter geworden."
- Die Löhne sind seit fünf Jahren nicht erhöht worden
- Die Näher und Näherinnen müssen weiterhin Überstunden machen
- Verschlimmert wird die finanzielle Notlage durch die Inflation in Bangladesch
- Viele verschulden sich, weil sie Kredite aufnehmen müssen
Einschüchterung und Diskrimierung
Auch die Diskriminierung von Frauen sei weiterhin an der Tagesordnung. Außerdem gebe es kaum eine Chance für Gewerkschaften, sich zu organisieren.
"Man wird einfach aus der Fabrik geworfen – oder sogar zusammengeschlagen, das kommt immer wieder vor."
Trotzdem könne man 2018 nicht pauschal sagen, dass alles, wo "Made in Bangladesh" draufsteht, schlecht sei, so Burckhardt. Es gebe auch faire Fabriken dort. Zudem seien die Arbeitsbedingungen leider auch in vielen anderen Ländern nicht besser.
Weniger Klamotten kaufen!
Um die Situation langfristig zu verbessern, sollten Einkäufer und Verbraucher schlicht und einfach weniger konsumieren, empfiehlt Gisela Burckhardt.
"Eine Unmenge an Kleidung befindet sich auf dem globalen Markt. Rund 40 Prozent davon hängen nur in unseren Schränken herum und landen im Müll."
Wenn ihr etwas kauft, dann doch bitte fair, wünscht sich die Expertin – und empfiehlt, Prüfsiegel heranzuziehen. Die Kampagne für Saubere Kleidung war etwa am Fair Fashion Guide beteiligt, über den sich jeder ausführlich informieren kann.
Der "Grüne Knopf" soll kommen
Zum fünften Jahrestag des Einsturzes der Rana-Plaza-Textilfabrik in Bangladesch hat Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) jetzt die Einführung eines staatlichen Siegels für fair produzierte Kleidung angekündigt: Die Kennzeichnung mit dem Namen "Grüner Knopf" werde ab 2019 das erste staatliche Siegel dieser Art sein.
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