Terrorangriff in HanauSicherheitsbehörden wollen Fokus mehr auf Rechtsextreme legen
Der mutmaßliche Täter von Hanau hat neun Menschen mit Migrationshintergrund erschossen. Die Reihe der rechtsextremen Anschläge in Deutschland wird länger. Sicherheitsbehörden wollen nun die Beobachtungsmethoden aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus auf die Rechtsextremen übertragen, sagt ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg.
Aus offenbar rassistischen Motiven hat ein 43-jähriger Deutscher in Hanau mutmaßlich neun Menschen mit Migrationshintergrund erschossen. Er wurde zusammen mit seiner Mutter nach dem Anschlag am Mittwochabend tot in seiner Wohnung aufgefunden. Der mutmaßliche Täter war Sportschütze und im Besitz mehrerer Schusswaffen.
Die Bundesanwaltschaft zog die Ermittlungen an sich, Generalbundesanwalt Peter Frank sprach von einer zutiefst rassistischen Gesinnung des Mannes. Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte das Gift des Rassismus in der Gesellschaft.
Rechtsextreme zunehmend gewaltbereit
Der mutmaßliche Täter soll in zwei Shisha-Bars in Hanau neun Menschen erschossen haben. Laut Generalbundesanwalt Peter Frank hatten alle Opfer einen Migrationshintergrund. Sie waren nach Angaben der Karlsruher Behörde zwischen 21 und 44 Jahren alt, unter ihnen waren demnach sowohl ausländische als auch deutsche Staatsangehörige. Es seien zudem sechs weitere Menschen verletzt worden, einer von ihnen schwer, sagte Peter Frank.
Nach der Ermordung des Politikers Walter Lübcke im Juni 2019, dem Anschlag auf die jüdische Gemeinde in Halle im Oktober 2019 und nun dem Anschlag in Hanau fragt man sich, ob es in Deutschland mehr Rechtsextreme gibt, oder ob die Bereitschaft zur Gewalt gestiegen ist. ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg glaubt letztes.
"Wir stellen fest, dass es offenbar am rechten Rand immer mehr Menschen gibt, die bereit sind, tatsächlich zur Tat zu schreiten und Anschläge zu verüben."
Potentielle Täter kämen einerseits aus dem klassischen rechtsextremistischen Milieu, andererseits handele es sich um radikalisierte Einzelpersonen – wie sie aus dem islamistischen Terrorismus bekannt sind. Die Behörden würden nun versuchen, Beobachtungsmethoden aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus auf die Rechtsextremen zu übertragen.
"Nun hat man endlich verstanden, dass man stärker die Einzelpersonen, die Schlüsselfiguren in der rechtsextremen Szene in den Blick nehmen muss."
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat insgesamt 12.700 gewaltorientierte Rechtsextremisten gezählt. Das Bundeskriminalamt geht von 60 Gefährdern aus diesem Spektrum aus. Die Staatsschutzabteilungen der Länder wären in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt seit einigen Monaten dabei, die Situation im Bereich des Rechtsextremismus neu zu bewerten.
Einzeltäter als Problem
Michael Götschenberg weist darauf hin, dass die Identifizierung einzelner Täter, die nicht Teil einer Szene sind, schwierig ist. Das habe der Fall von Hanau gezeigt.
"Auch der Fall in Hanau ist ein Beispiel dafür, dass die Menschen, die am Ende zuschlagen, dann eben noch wieder ganz andere sein können."
Nun soll nach Angaben des Generalbundesanwalts ermittelt werden, ob der mutmaßliche Täter Mitwisser oder Unterstützer hatte. Dafür würden dessen Umfeld und Kontakte im In- und Ausland überprüft.